Drei Klimaklagen liegen dem EGMR bereits vor, konkret aus der Schweiz, Norwegen und Portugal. Der Fall aus der Schweiz, vorgebracht von den „Klimaseniorinnen“ und Greenpeace, dreht sich um die Frage der Verpflichtung des eidgenössischen Staates zum strengeren Klimaschutz. Die Klägerinnen, allesamt Frauen* im Pensionsalter, bringen dabei die Verletzung ihrer Grundrechte aus Artikel 2, 8 und 13 der EMRK, also Recht auf Leben, Achtung des Privatlebens und Recht auf wirksamen Grundrechtsschutz vor Gericht vor. In der online verfügbaren Klagsschrift wird vorgebracht, dass die Klägerinnen als Gruppe überdurchschnittlich stark von Übersterblichkeit aufgrund von Hitzephasen betroffen sind, welche durch die Klimakrise häufiger und intensiver werden. Sie wären daher unmittelbar und direkt betroffen, wobei die Schweiz durch mangelnde Klimaschutzpolitik ihren internationalen Verpflichtungen, etwa aus dem von ihr unterschriebenen Vertrag von Paris, nicht nachkomme und so ihre Schutzpflicht verletzen würde. Der Fall wurde bereits vom EGMR angenommen und ihm wurde Priorität zuerkannt, derzeit wird auf die Beantwortung der Schweiz gewartet
Ähnlich gelagert ist der norwegische Fall hinsichtlich der klagenden Personen. Konkret gehen dort "Großeltern" gegen staatlich sanktionierte Ölbohrungen in der Arktis vor. Genaue Details zur Klage sind noch nicht online verfügbar, doch auch hier wird auf Basis der Artikel 2 und 8 EMRK ein staatliches Handeln mit klimaschädlichen Auswirkungen angegriffen.
Im portugiesischen Fall klagen sechs Jugendliche insgesamt 33 Staaten aufgrund von deren Beitrag zur Klimakrise. Geklagt werden neben den EU-Staaten auch Großbritannien, Russland, die Türkei, Norwegen und die Ukraine. All diesen Staaten wird mangelnder Klimaschutz vorgeworfen, indem zu wenig zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes getan wird und damit die Klimakrise mit ihren Folgen befeuert wird. Die Jugendlichen bringen dabei ebenfalls die Verletzung des Rechts auf Leben (Art 2), Recht auf Achtung des Privatlebens (Art 8), sowie Altersdiskriminierung (Art 14) vor. Letzteres Argument bezieht sich darauf, dass angesichts des niedrigen Alters der Klagenden die Folgen der Klimakrise sie härter und länger treffen werden, gleichzeitig ohne dass sie für den Beitrag zur Klimakrise verantwortlich gezeichnet werden können. Auch dieser portugiesische Fall wurde vom Gerichtshof akzeptiert und ihm Priorität eingeräumt.
Der österreichische Fall beim EGMR
Nachdem der VfGH die Behandlung der ersten Klimaklage aus formalen Gründen im September 2020 abgelehnt hatte, wurde nun beim EGMR der dritte solche Fall anhängig gemacht. Anwältin Michaela Krömer zieht mit einem der damaligen Antragsteller vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der Fall unterscheidet sich dabei etwas von den bereits anhängigen. Konkret handelt es sich bei dem Antragsteller im EGMR-Fall um einer mit MS erkrankte Person, die aufgrund des „Uthoff-Syndroms“ bei steigenden Temperaturen Lähmungserscheinungen erleidet. So ist er ab einer Temperatur von über 25 °C auf einen Rollstuhl angewiesen. Der so unmittelbar von den Folgen der Klimakrise direkt betroffene Antragsteller bringt daher ebenfalls die Verletzung von Artikeln 2, 8, sowie 13 EMRK vor. Letzterer, da gegen den fehlenden Klimaschutz ein Rechtsschutz in Österreich nicht vorgesehen ist. Weder bieten das Klimaschutzgesetz, noch andere einschlägige Gesetze eine Form des Indivualrechtsschutzes, noch ist fehlendes legistisches Handeln in Österreich angreifbar. Der Versuch, aktiv klimaschädliche Bestimmungen direkt beim VfGH anzugreifen scheiterte ebenfalls. Ein Rechtsschutzdefizit, so der Antrag an den EGMR. Beantragt wurde auch die prioritäre Behandlung im Angesicht des Zeitdrucks der im Klimaschutz herrscht. Der Fall wurde mit 9.4.2021 anhängig gemacht, eine Rückmeldung des Gerichtshofes steht noch aus.