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Die österreichischen Naturschutzgesetze der Länder sehen für bestimmte Vorhaben, die alleine bereits projektimmanent mit den Interessen des Naturschutzes (und damit in aller Regel mit naturschutzrechtlichen Bewilligungsvoraussetzungen) in Konflikt stehen, durch die Bank eine Art Dennoch-Bewilligungsmöglichkeit vor, wenn diese Vorhaben bestimmten öffentlichen Interessen dienen, und diese die Interessen des Naturschutzes überwiegen.\
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Insbesondere bei kleineren Wasserkraftwerken wird die Bewilligung aber oft mit floskelhaften (Nicht-)Begründungen deshalb versagt, weil solche Kleinwasserkraftwerke eben „nur“ einen auf den ersten Blick verhältnismäßig geringen Beitrag zu öffentlichen Interessen wie beispielsweise die Substitution von mit fossilen Energieträgern erzeugter Energie und damit einen Beitrag zur Reduktion des Kohlendioxidausstoßes leisten.\
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Hinsichtlich eines solchen Projektes, bei dem die Bewilligung versagt worden ist, hat der VwGH jüngst mit Erkenntnis vom 14.07.2011, 2010/10/0011, in aller Deutlichkeit (neuerlich) festgestellt, dass die Versagung einer Bewilligung auf ausreichenden Feststellungen und einer auf die qualitativen und quantitativen Aspekte des Einzelfalles bezogenen Darlegung, der sowohl Art als auch Ausmaß der angenommenen Beeinträchtigung nachvollziehbar entnommen werden kann, zu gründen ist. Auch eine Interessenabwägung (die im Anlassfall aber auf einem aus Mangel der vorstehend erwähnten Feststellungen fehlerhaften Verfahrenhergang beruhte), die mehr oder weniger pauschal die geringe Menge an erzeugtem Strom (was bei Kleinwasserkraftwerken definitionsgemäß bereits so sein muss) als von vornherein zu gering, die „schweren und langfristigen Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes“ auch nur aufzuwiegen, im Keim erstickt, ist zweifelsfrei rechtswidrig. Oder in den Worten des Gerichtshofes: „Der Umstand, dass es sich lediglich um ein Kleinkraftwerk mit entsprechend wenig Energieerzeugung handelt, führt für sich allein nicht zur Verneinung eines langfristigen öffentlichen Interesses. Vielmehr kann je nachdem, inwieweit eine Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalles geeignet ist, zur Erreichung der genannten Ziele beizutragen, dem Interesse an ihrer Verwirklichung Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommen. Entscheidend ist dabei, welche Bedeutung die Verwirklichung der konkret beantragten Maßnahme für den Klimaschutz hat (wobei insbesondere die projektgemäß produzierte Strommenge maßgeblich ist) und wie gravierend die damit verbundenen Auswirkungen auf die naturschutzgesetzlich geschützten Rechtsgüter sind.“\
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Wenngleich das Ergebnis freilich im Sinne der Rechtsstaatlichkeit und der gesetzmäßigen Führung von Verwaltungsverfahren mehr als nur zu begrüßen ist, drängt sich eine – an dieser Stelle bewusst provokant formulierte – Frage auf, für deren Beantwortung angesichts der Vielzahl an wegen ähnlichen Verfahrensfehlern in den letzten Jahren vom Gerichtshof an die Behörden „zurückgespielten“ Verfahren auf die nahe (?) Zukunft zu verweisen ist: Werden wir in Zukunft einen durch ein Kleinwasserkraftwerk eingesparten Liter Heizöl (im konkreten Fall 850.000 l) einem Quadratzentimeter aufgrund von wegfallendem ufernahen Spritzwasser nicht mehr wachsenden Moos (im gegenständlichen Fall eben nicht quantifiziert) gegenüberstellen müssen, um unter Berücksichtigung eines von der erzeugten Strommenge abhängigen Faktors (hier 1.070 kW) das Überwiegen oder Nichtüberwiegen eines öffentlichen Interesses festzustellen?\
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Vielleicht wäre es aber auch ein ehrlicherer Ansatz, die Bewilligungsvoraussetzung des Überwiegens eines öffentlichen Interesses nicht im Sinne eines gladiatorenkampfabschließenden Daumen-rauf-oder-runter-Spiels geprägt von Länderinteressen zu sehen, sondern schlicht der Tatsache ins Auge zu blicken, dass gewisse auch im Sinne des allgemeinen Wohlstands (liegt das im öffentlichen Interesse?) sinnvolle und teils auch notwendige Vorhaben außerhalb von Gewerbe- und Industriegebieten wohl zwangsläufig mit den Interessen des Naturschutzes in Konflikt geraten (müssen). Wenn man es mit dieser Einsicht noch nicht bewenden lassen will, dann könnte man im Anschluss auch noch über alternative Konzepte nachdenken, wie beispielsweise einen Ausgleich des Eingriffs, der vielleicht sogar naturschutzbezogene Verbesserungen gegenüber dem Zustand ohne den Eingriff bieten kann. Hier ist freilich der Gesetzgeber gefordert. Erste Ansätze gibt es aber bereits, wie insbesondere § 51 Sbg NSchG aufzuzeigen im Stande ist.\
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