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Peter Sander

Das Recht auf Freiheit überwiegt das Recht der Bürger auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

Der EuGH hat im Rechtsstreit um die Einführung von Dieselfahrverboten in der Stadt München entschieden, dass die Verhängung von Zwangsstrafen gegen die Verantwortlichen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Als nächster Schritt droht nun wohl ein Vertragsverletzungsverfahren.

Zur Vorgeschichte: Der Freistaat Bayern weigert sich trotz einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der RL über Luftqualität (RL 2008/50/EG) zu ergreifen. Insbesondere soll der für die Stadt München geltende Luftreinhalteplan abgeändert und Dieselfahrverbote aufgestellt werden, um die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid sicherzustellen. Trotz mehrfacher Verhängung von Zwangsgeldern lehnen es die zuständigen Amtsträger – darunter der bayrische Ministerpräsident Söder – weiterhin öffentlich ab, die gerichtlich aufgetragenen Maßnahmen umzusetzen. In Folge dessen beantragte die Deutsche Umwelthilfe die Verhängung von Zwangshaft gegen die verantwortlichen Entscheidungsträger. Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof richtete im Zuge dieses Verfahrens ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH mit der Frage, ob freiheitsentziehende Maßnahmen, wie zB die Verhängung von Zwangshaft gegen Amtsträger zulässig bzw. unter Umständen sogar geboten sind, obwohl diese im nationalen Recht für Amtsträger nicht explizit vorgesehen sind.

Der EuGH hat am 19.12.2019 in dieser Rechtssache (Deutsche Umwelthilfe, C‑752/18) entschieden und ist zum Entschluss gekommen, dass ein nationales Gericht nur dann eine Zwangshaft gegen Verantwortliche verhängen kann, wenn das innerstaatliche Recht eine hinreichend zugängliche, präzise und in ihrer Anwendung vorhersehbare Rechtsgrundlage für den Erlass solcher Zwangsmaßnahmen vorsieht und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfüllt ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts dies zu beurteilen.

Begründet wird diese Entscheidung damit, dass Organe eines Mitgliedsstaats zwar verpflichtet sind, nationale Bestimmungen, die dem Unionsrecht entgegenstehen, unangewendet zu lassen, diese Verpflichtung jedoch keine Anwendung findet, wenn dadurch ein anderes unionsrechtlich garantiertes Grundrecht verletzt wird. Da das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz kein absolutes Recht darstellt, ist dieses gegen das Recht auf Freiheit, das durch die Verhängung von Zwangshaft berührt werden würde, abzuwägen. Ein Eingriff in die Freiheit des Menschen ist demnach jedoch nur gestattet, wenn die oben dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind. So muss das nationale Gericht nicht nur genau prüfen, ob das innerstaatliche Recht präzise und vorhersehbar die Verhängung von Zwangshaft gegen Amtsträger zulässt, sondern auch, ob das angestrebte Ziel nicht auch durch weniger einschneidende Maßnahmen erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang verweist der EuGH auf das Instrument des Vertragsverletzungsverfahrens und die Haftung des Staates für daraus resultierende Schäden.

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