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Peter Sander

Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich in der Rechtssache C-110/08 (Unvollst

1.  Mit Beschluss des Präsidenten der vierten Kammer des EuGH vom 10. Dezember 2009 wurde die Rechtssache C-110/08 im Register des Gerichtshofs gestrichen.[1] Zuvor hatte die Europäische Kommission am 21. Oktober 2009 ihre Klage gegen Österreich zurückgenommen; eine nähere Begründung für die Klagerücknahme liegt nicht vor.\ \ 2.  Die Europäische Kommission hat mit ihrer am 11. März 2008 eingebrachten Klage die Feststellung beantragt, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus Art 4 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) verstoßen habe, indem sie der Kommission noch keine vollständige Liste vorgeschlagener Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgelegt hat bzw. die derzeit der Kommission übermittelte Liste noch immer sechs natürliche Lebensraumtypen in der alpinen biogeographischen Region sowie zehn natürliche Lebensraumtypen und zwölf Arten in der kontinentalen biogeographischen Region nicht vollständig enthält.\ \ Gemäß Art 4 Abs 1 der FFH-Richtlinie legt jeder Mitgliedstaat anhand der in Anhang III (Phase 1) festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Informationen eine Liste von Gebieten vor, in der die in diesem Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und einheimischen Arten des Anhangs II aufgeführt sind. Die Kommission erstellt auf der Grundlage der in Anhang III (Phase 3) festgelegten Kriterien und im Rahmen der biogeographischen Regionen jeweils im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten aus den Listen der Mitgliedstaaten den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art 4 Abs 2 leg cit).[2]\ \ 3.  Im gegenständlichen Vertragsverletzungsverfahren ging es im Wesentlichen um die Frage, ob die Kommission nach Erstellung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Gemeinschaftsliste) noch eine Ergänzung der nationalen Gebietslisten fordern kann. Die FFH-Richtlinie sieht nämlich keine solchen „Vorbehaltslisten“ vor.\ \ Die Kommission hat durch die Entscheidungen 2004/69/EG und 2004/798/EG die Gemeinschaftslisten für die alpine und die kontinentale biogeographische Region erstellt. Diese Listen wurden durch die Entscheidungen 2008/218/EG und 2008/25/EG sowie 2009/91/EG und 2009/93/EG bereits zweimal aktualisiert. Die Kommission betont in den Erwägungsgründen dieser Entscheidungen den dynamischen Charakter des Netzes Natura 2000 und weist darauf hin, dass keine Feststellung darüber getroffen werden könne, ob das Netz vollständig sei oder nicht, da die Kenntnisse über Existenz und Verteilung einiger in den Anhängen der FFH?Richtlinie genannten natürlichen Lebensraumtypen und Arten unvollständig seien.\ \ Österreich hat im Vertragsverletzungsverfahren unter anderem vorgebracht, dass die Vorgehensweise der Kommission bei der Erstellung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nicht von der FFH?Richtlinie gedeckt sei. Mit der Entscheidung zur Erstellung der Gemeinschaftsliste sei die Phase 1 (Übermittlung der nationalen Gebietslisten) abgeschlossen. Die FFH?Richtlinie gebe in Art 4 vor, dass die einzelnen Phasen nacheinander ablaufen sollen; eine parallele Fortführung der Phasen 1 und 2 widerspreche somit den Vorgaben der FFH?Richtlinie.\ \ 4.  Nach der Zurücknahme der Klage durch die Kommission und der Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens bleibt die Klärung dieser strittigen Fragen durch den EuGH offen.\ \

[1] Der Beschluss ist abrufbar unter: http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=en.\ \ [2] Vgl dazu weiterführend Pürgy, Natura 2000 – Auswirkung und Umsetzung im innerstaatlichen Recht (2005) 91 ff.

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