Nachdem der EuGH bereits in der Rs C-243/15, Lesoochranárske zoskupenie VLK („Slowakischer Braunbär“), klargestellt hatte, dass anerkannten Umweltorganisationen in naturschutzrechtlichen Verfahren Rechtsmittelbefugnis und eine verfahrensrechtliche Beteiligung einzuräumen ist, folgt nun der nächste Paukenschlag. In einem wasserrechtlichen Verfahren stellte sich der VwGH die Frage, ob diese Vorgaben auch für Verfahren im Geltungsbereich der Wasserrahmenrichtlinie anzuwenden sind (Vorlagebeschluss vom 26. 11. 2015, Ra 2015/07/0055). Wesentlich ist dabei, dass es sich bei dem betreffenden Genehmigungsverfahren um ein „einfaches“, nicht-UVP-pflichtiges Wasserrechtsverfahren handelt, für das Art 6 AK nicht zwingend die Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung verlangt und das folglich auch nicht Art 9 Abs 2 AK unterliegt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Umweltorganisationen in der WRRL im Zusammenhang mit Genehmigungsverfahren überhaupt nicht erwähnt werden. Im Wortlaut der Richtlinie gibt es daher eigentlich keinerlei Hinweis darauf, dass Umweltverbänden eine Parteistellung und Rechtsmittelbefugnis in wasserrechtlichen Verfahren eingeräumt werden müsse.
Für das daraufhin eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren (Rs C‑664/15, Protect Natur-, Arten- und Landschaftschutz Umweltorganisation) liegen nun die Schlussanträge vor. Geht es nach der Generalanwältin, Eleanor Sharpston, ist die Frage nach den Rechten der Umweltorganisationen eindeutig zu bejahen. Zu den Vorlagefragen führt sie aus wie folgt:
– Art. 4 Wasserrahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention und Art. 47 Grundrechtecharta ist dahin auszulegen, dass er nationalen Verfahrensregelungen entgegensteht, die einer nach den Voraussetzungen des nationalen Rechts ordnungsgemäß gegründeten und tätigen Umweltschutzorganisation den Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren im Sinne von Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention zur Anfechtung von Handlungen der zuständigen Behörde verwehren, die in einem auf der Grundlage der diese Richtlinie umsetzenden Bestimmungen des nationalen Rechts durchgeführten verwaltungsbehördlichen Verfahren ergangen sind.
– Ein nationales Gericht muss sein nationales Verfahrensrecht in Bezug auf die Parteistellung in einem auf der Grundlage der die Wasserrahmenrichtlinie umsetzenden nationalen Rechtsvorschriften durchgeführten verwaltungsbehördlichen Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht, so weit wie möglich im Einklang mit den in dieser Richtlinie (insbesondere in Art. 4 und Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie) geregelten Zielen auslegen, um Umweltschutzorganisationen zu ermöglichen, diese Bestimmungen in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren vor der nationalen Behörde geltend zu machen.
– Ist das Recht einer nach den Voraussetzungen des nationalen Rechts ordnungsgemäß gegründeten und tätigen Umweltschutzorganisation, in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren ergangene Handlungen der zuständigen nationalen Behörden auf der Grundlage von Art. 4 Wasserrahmenrichtlinie vor einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht anzufechten, von einer vorherigen Beteiligung an einem solchen Verfahren abhängig, ist dieser Artikel in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention und Art. 47 Grundrechtecharta dahin auszulegen, dass er nationalen Verfahrensregelungen entgegensteht, die einer solchen Organisation die Erlangung der Parteistellung in einem solchen Verfahren verwehren.
– Art. 4 Wasserrahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention und Art. 47 Grundrechtecharta ist dahin auszulegen, dass er nationalen Verfahrensregelungen, wonach eine Umweltschutzorganisation ihre Parteistellung in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren verliert, wenn Einwendungen in diesem Verfahren nicht rechtzeitig geltend gemacht werden, entgegensteht, sofern diese Regelungen die Kriterien nach Art. 9 Abs. 4 Aarhus-Konvention, fair und gerecht zu sein, nicht erfüllen.
Bleibt also abzuwarten, wie der Gerichtshof entscheiden wird. Folgt er den Vorschlägen der Generalanwältin – was er bekanntermaßen meistens macht – bedeutet dies eine massive Stärkung der Rechte von Umweltorganisationen. Umweltverbände dürften dann wohl sämtliche unionsrechtlich determinierten Genehmigungs- und Bewilligungskriterien im Umweltrecht als subjektive Rechte vor den Verwaltungsgerichten geltend machen; dies unabhängig von der ausdrücklichen Einräumung im nationalen Materiengesetz.
Judith Fitz/Daniel Ennöckl
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