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Peter Sander

Kanaleinleitung: Vertragsauflösung bei Zahlungsverweigerung

OGH 22. 6. 2012, 1 Ob 88/12s, hat zu § 861 iVm § 1118 ABGB ausgesprochen: Leitsatz d Red: Auch ein Unternehmen, dem für einen Bereich der Grundversorgung (hier: Abwasserentsorgung) Monopolstellung zukommt, kann ein bestehendes Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund vorzeitig auflösen, wenn der Vertragspartner über einen längeren Zeitraum jegliche Entgeltzahlung verweigert. Die drohende Uneinbringlichkeit oder Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners muss nicht abgewartet werden. Aus der E: Die kl AG hat im Jahr 1993 das Abwasserkanalnetz einer oberösterreichischen Stadtgemeinde übernommen, in das seit 2001 die Abwässer des Unternehmens der Bekl eingeleitet werden. Die Bekl weigern sich seit 2009, die von der Kl vorgeschriebenen Kanalbenützungsentgelte zu zahlen. Ihrer Auffassung nach missbraucht die Kl ihre marktbeherrschende Stellung dazu, unangemessene Preise zu verrechnen, die im Vergleich zu anderen Kanalbetreibern in Österreich um ein Vielfaches überhöht seien. In einem Vorverfahren, in dem sie diesen Einwand erfolglos vorbrachten, wurden die Bekl rechtskräftig zur Zahlung rückständiger Entgelte iHv ca 144.000 € verurteilt. Auch diesen Betrag haben sie bisher nicht beglichen. Den Bekl wäre es möglich, die Abwässer nach Verbringung an einem anderen Betriebsstandort zu entsorgen. Die Kl löste den Kanaleinleitungsvertrag mit den Bekl unter Hinweis auf die Zahlungsrückstände mit sofortiger Wirkung auf. Im vorliegenden Verfahren begehrte sie, die Bekl zur Unterlassung der Einleitung von Abwässern in das Kanalnetz zu verpflichten. Die Beklagten wendeten ua ein, dass sie gem § 12 Abs 2 OÖ AbwasserentsorgungsG zur Einleitung der Abwässer in die öffentliche Kanalisation verpflichtet seien. Aufgrund dieser gesetzlichen Verpflichtung sowie der Monopolstellung der Kl kämen die Vertragsauflösung und ein Einleitungsverbot nicht in Betracht. Der OGH gelangte zu der Auffassung (nachdem die von den Bekl bestrittene Zulässigkeit des Rechtswegs wurde von den Vorinstanzen – für den OGH bindend – bejaht wurde): Das BerufungsG wies die Klage ab. Der Kl komme eine Monopolstellung auf einem Gebiet der Daseinsvorsorge zu. Wenn überhaupt dürfe sie den Vertrag über die – gesetzlich vorgeschriebene – Abwassereinleitung nur dann beenden, wenn eine Fortsetzung in Hinblick auf die Wahrung der Interessen anderer zahlungswilliger Kunden unzumutbar wird, etwa bei drohender Uneinbringlichkeit der Entgeltforderungen. Diese stehe jedoch nicht fest. Der OGH lehnte diese Argumentation ab und stellte die klagsstattgebende Entscheidung des Erstgerichts wieder her.

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