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Peter Sander

Kernaussagen des VwGH zur Parteistellung von Organparteien und zur Interessenabwägung

Bereits vor einiger Zeit wurde von Bettina Bachl kurz auf das Erkenntnis des VwGH vom 21.10.2014, 2012/03/0112, hingewiesen (siehe hier). Nachfolgend sollen die Kernaussagen dieser Entscheidung, nämlich zur Parteistellung von Organparteien bzw. zur Interessenabwägung nach dem Salzburger Naturschutzgesetz (Sbg NSchG), kurz näher dargestellt werden. Sachverhalt: Es ging um die Erweiterung eines bestehenden Schigebiets im Bundesland Salzburg. Dafür war ein Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 unter Mitanwendung der einschlägigen Materiengesetze abzuführen, wobei die „Großverfahrensbestimmungen“ der §§ 44a ff AVG zur Anwendung kamen. Breiten Raum nahm dabei die Interessenabwägung gemäß § 3a Abs. 2 Sbg NSchG ein. Hatte die Salzburger Landesregierung als UVP-Behörde noch die Genehmigung erteilt, gab der damalige Umweltsenat den Berufungen (u.a. des Umweltanwalts) Folge und hob den Genehmigungsbescheid auf. Das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens könne nämlich unmittelbar nur am Wert einer Nutzung der projektierten Pisten durch die Schisport betreibende Öffentlichkeit gemessen werden. Nachdem aber die Talabfahrt in einem Bereich Engstellen aufweise und aus dem Umstand der Notwendigkeit ihrer „permanenten Beschneiung“ sei in Ermangelung eines „besonders wichtigen öffentlichen Interesses“ gar nicht in die Interessenabwägung gemäß § 3a Abs. 2 Sbg NSchG einzutreten gewesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab wiederum der VwGH Folge und hob den Bescheid des Umweltsenats auf. Zur Parteistellung von Organparteien: Der Umweltanwalt hatte innerhalb der sechswöchigen Einwendungsfrist im Verfahren vor der UVP-Behörde keine Einwendungen erhoben. Strittig war nun, ob der Umweltanwalt – wie die Beschwerde vorbrachte – präkludiert sei und seine Berufung daher vom Umweltsenat zurückzuweisen gewesen wäre. Der VwGH folgte den Ausführungen in der Beschwerde. Aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 3 UVP-G 2000 bzw. den Gesetzesmaterialien ist ersichtlich, dass der Umweltanwalt als eine der dort genannten Formalparteien die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften (anders als etwa in § 42 Abs. 1 Z 8 AWG 2002 hinsichtlich naturschutzrechtlicher Vorschriften) nicht einfach als bloße öffentliche Interessen, sondern „als subjektives Recht“ geltend zu machen hat. In jenen Fällen, in denen die dem Umweltanwalt durch Gesetz übertragenen Aufgaben als „subjektive Rechte“ bezeichnet sind, kommen daher auch die Präklusionsregelungen des AVG (im konkreten Fall seiner Großverfahrensbestimmungen) voll zur Anwendung. Insofern widerspricht diese Judikatur auch nicht dem Erkenntnis vom 14.9.2004, 2002/10/0002, da in diesem Verfahren die Parteistellung des Umweltanwalts in einem Verfahren nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz zu beurteilen war. In diesem Erkenntnis hatte der VwGH ausgeführt, dass für den Fall, dass sich die Parteistellung nicht auf die Einräumung subjektiver Rechte, sondern auf ausdrückliche gesetzliche Anordnung gründet, die Erhebung von Einwendungen im Sinne des § 42 Abs 1 AVG begrifflich nicht in Betracht kommt, weswegen Organparteien von der Präklusionsregelung nicht erfasst sind. Der VwGH hat jedoch in diesem Erkenntnis auch darauf hingewiesen, dass er die im Schrifttum mehrfach angesprochene Problematik der Zuschreibung „subjektiver Rechte“ an Organparteien durch den Gesetzgeber schon deshalb nicht zu erörtern gehabt habe, weil der (Steiermärkische) Landesgesetzgeber davon abgesehen hat, die dem Umweltanwalt durch das Gesetz übertragenen Aufgaben als „subjektive Rechte“ zu bezeichnen. Nachdem aber gemäß § 19 Abs. 3 UVP-G 2000 der Umweltanwalt berechtigt ist, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, als „subjektives Recht“ im Verfahren geltend zu machen, unterscheidet sich aber die dem Erkenntnis vom 14.9.2004 zu Grunde liegende Rechtslage maßgeblich von jener, die im gegenständlichen Fall anzuwenden war. Zur Interessenabwägung gemäß § 3a Abs. 2 Sbg NSchG: Voraussetzung für die Durchführung der in § 3a Abs 2 Sbg NSchG normierten Interessenabwägung ist das Vorliegen von besonders wichtigen öffentlichen Interessen, welchen durch die Verwirklichung der Maßnahme (eben der beantragten Schigebietserweiterung) unmittelbar gedient wird. Erst nach der Ermittlung sämtlicher dieser eben genannten besonders wichtigen öffentlichen Interessen kommt die Durchführung der in § 3a Abs 2 Sbg NSchG normierten Interessenabwägung in Betracht, weswegen zunächst zu klären ist, welchen besonders wichtigen öffentlichen Interessen die Schigebietserweiterung eigentlich unmittelbar dient. Entgegen der Rechtsansicht des Umweltsenats hielt der VwGH – unter Rückgriff auf seine bisherige Judikatur – fest, dass als „besonders wichtige öffentliche Interessen“ im Sinne des § 3a Sbg NSchG auch volks- bzw. regionalwirtschaftliche Interessen (etwa solche der Fremdenverkehrswirtschaft) in Betracht kommen können, wobei insbesondere zu beachten ist, ob im Hinblick auf die (aktuellen) Gegebenheiten der Fremdenverkehrswirtschaft die Verwirklichung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens einem langfristigen volks- und regionalwirtschaftlichem Interesse dient. Zudem sei bereits mehrfach judiziert, dass in der Fremdenverkehrswirtschaft begründete Interessen an einem Vorhaben öffentliche Interessen darstellen, wenn ohne Verwirklichung des Vorhabens wesentliche Nachteile für den Fremdenverkehr zu befürchten wären bzw wenn bei Projektverwirklichung eine wesentliche Verbesserung für die Belange des Fremdenverkehrs erzielt werden könne. Der Umweltsenat verkennt daher mit seiner Auffassung, dass das öffentliche Interesse an der Verwirklichung der beantragten Schigebietserweiterung unmittelbar nur am Wert des Vorhabens für die Schisport betreibende Öffentlichkeit gemessen werden könne, die Rechtslage. Es wäre nicht nur das Interesse der Öffentlichkeit an der Ausübung des Schisportes, sondern auch Interessen der Fremdenverkehrswirtschaft (als regional- bzw volkswirtschaftliche Interessen) als besonders wichtige öffentliche Interessen zu berücksichtigen gewesen. Im Übrigen ist die Verwirklichung des eingereichten Projekts in seiner Gesamtheit jene Maßnahme zu verstehen, für die zu prüfen ist, ob sie in dem in Rede stehenden Sinn besonders wichtigen öffentlichen Interessen unmittelbar dient. Bloß auf einzelne Teile des Projekts bezogene Überlegungen sind daher schon aus diesem Grund nicht geeignet, darzutun, dass die Verwirklichung der Maßnahme (des Projekts) nicht geeignet ist, einem besonders wichtigen öffentlichen Interesse unmittelbar zu dienen. Eine allfällig vermehrte Beschneiung eines Teils des Gesamtvorhabens (nämlich der Talabfahrt) schließt nicht aus, dass das Gesamtvorhaben unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen (Ausübung des Schi- und Wintersportes durch die Bevölkerung bzw sonstigen Tourismus/Fremdenverkehr) dient.

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