Das ÖKOBÜRO hat im April 2015 ein Papier mit Lösungsvorschlägen zur Umsetzung von Artikel 9 Abs 3 der Aarhus Konvention veröffentlicht (RECHTSSCHUTZ IM UMWELTRECHT – Rechtsbehelfe zur Umsetzung von Art 9 Abs 3 der Aarhus Konvention).
Art 9 Aarhus Konvention regelt den Zugang zu Gerichten für Umweltorganisationen und Einzelpersonen im Umweltbereich. Während die Umsetzung in Hinblick auf UVP- und IPPC-Verfahren in Österreich konventionskonform erfolgt ist, wobei auch keine grundsätzlichen Einwände gegen das System des subjektiven Rechts erhoben wurden, ist Österreich wegen fehlender Rechte von Umweltorganisationen und betroffenen Einzelpersonen außerhalb der zuvor genannten Bereiche vom Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) gerügt worden (ECE/MP.PP/2014/2/Add.1 Decision V/9b on compliance by Austria with its obligations under the Convention 2014).
Das ÖKOBÜRO geht bei seinen Vorschlägen auch schon auf die Vorabentscheidung des EuGH im Fall “Karoline Gruber” ein (EuGH 16.4.2015, Rs C 570/13; dazu im Umweltrechtsblog vom 16.4.2015 von Peter Sander, „Keine uneingeschränkte Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden – Vorabentscheidungsverfahren ‚Gruber‘ ist entschieden“) und fordert im Wesentlichen eine Beteiligung mit Parteistellung in umweltrelevanten Verfahren mit Einschluss des Zuganges zu den Höchstgerichten.
Wesentlich für den effektiven und gleichwertigen Rechtsschutz im Sinne von Artikel 9 Abs 4 der Aarhus Konvention und des europarechtlichen Äquivalenzgrundsatzes sei auch der Zugang zu den Höchstgerichten, wie das explizit in § 19 Abs 10 des UVP-G vorgesehen ist, so das ÖKOBÜRO. Eine Regelung, welche die Umweltorganisationen im Gegensatz zu anderen Verfahrensparteien von den Höchstgerichten ausschließe, würde den oben genannten Regelungen widersprechen. Die Umsetzung kann aus Sicht des ÖKOBÜROs entweder zentral in einem NGO-Gesetz, oder aber aufgeteilt auf die einzelnen Materiengesetze wie GewO, WRG, IG-L oder Naturschutzgesetze etc. erfolgen und müsste den NGOs die Stellung einer Legalpartei in den Verfahren einräumen. Allerdings sieht die Aarhus Konvention ebenso wenig wie Art 11 UVP-RL einen Instanzenzug verpflichtend vor. Ob eine echte Parteistellung in allen Umweltverfahren notwendig ist oder ein Überprüfungsrecht ausreicht, wie es derzeit § 3 Abs 7a UVP-G im Feststellungsverfahren nach dem UVP-Gesetz vorsieht, ist vom Wortlaut der Konvention eigentlich entschieden: Art 9 Abs 2 spricht nämlich von einem – Zugang zu einem Überprüfungsverfahren und Art 9 Abs 3 vom – Recht, Handlungen und Unterlassungen anzufechten. Beide Formulierungen verlangen demnach nicht, eine Parteistellung schon in den verwaltungsbehördlichen Genehmigungsverfahren einzuräumen. Im Hinblick darauf, dass vor den Verwaltungsgerichten kein Neuerungsverbot besteht und diese grundsätzlich in der Sache zu entscheiden haben (vgl §§ 9, 10 und 28 Abs 2 VwGVG), kann ein effektiver Rechtsschutz für Umweltorganisationen wohl auch dann gegeben sein, wenn diese nicht schon vor der Verwaltungsbehörde als Parteien beteiligt waren. Es ist daher nicht so, dass ohne Einräumung von Parteistellung die Ausübung der durch die Konvention oder die ÖffentlichkeitsbeteiligungsRL verliehenen Rechte praktisch unmöglich wäre oder übermäßig erschwert würde. Auch ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, müssen doch Nachbarn und Umweltorganisationen nicht notwendigerweise gleich behandelt werden; ebensowenig wie ihnen in allen umweltrelevanten Verfahren exakt dieselben Rechte eingeräumt werden müssen wie in UVP- und IPPC-Genehmigungsverfahren. Das Papier des ÖKOBÜROs stellt eine interessante Grundlage für die nicht zuletzt nach dem EuGH-Urteil “Karoline Gruber” notwendigen gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der Rechte von Umweltorganisationen dar und wird die Diskussion sicherlich weiterbringen.
Was dabei schlussendlich herauskommt, ist eine der aktuell spannendsten Fragen des Umweltrechts!
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