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Peter Sander

Rechtsschutz bei Entscheidungen über staatliche Beihilfen im Atombereich

Auf Unionsebene gibt es derzeitig keine Möglichkeit, rechtlich gegen Entscheidungen über staatliche Förderungen vorzugehen. Ein Prüfverfahren der Kommission rund um öffentliche Gelder für das britische AKW Hinkley Point C nahmen zwei österreichische Umweltschutzorganisationen zum Anlass für eine Beschwerde an den Einhaltungsausschuss der Aarhus Konvention.

In seinen kürzlich veröffentlichten draft findings im Fall ACCC/C/2015/128 (European Union) stellt das ACCC fest, dass dieser Mangel an Rechtsschutz gegen die Bestimmungen über den Gerichtszugang von Mitgliedern der Öffentlichkeit gemäß Art 9 Abs 3 und 4 der UNECE-Konvention verstößt. In seiner Begründung führte das Komitee ua aus, dass die EU-Kommission in ihrer Funktion als Prüfstelle staatlicher Beihilfen gem Art 108 AEUV als „Behörde“ iSd Art 2 Abs 2 der Konvention gilt. Somit kommt Mitgliedern der Öffentlichkeit also gem Art 9 Abs 3 das Recht zu, überprüfen zu lassen, ob ihre Handlungen bzw Unterlassungen gegen umweltbezogene Bestimmungen verstoßen.

Das ACCC bezieht sich auch auf das im Herbst 2020 ergangen Urteil des EuGH im Fall C-594/18 P (Österreich gg Kommission), in dem der Gerichtshof ausführte, dass in die Prüfung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt gem Art 107 und 108 AEUV auch die Prüfung auf deren Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts –etwa dem sich aus Art 37 GRC sowie Art 11 und 194 Abs 1 AEUV ergebenden Prinzip der Erhaltung und Verbesserung der Umwelt – einfließt. Sonstige rechtliche Optionen von NGOs, wie die Möglichkeit eine Überprüfung bei der Kommission anzuregen, können den Anforderungen des Art 9 Abs 3 Aarhus Konvention hingegen nicht entsprechen. Diesbezüglich wiederholte das ACCC auch seine bisherigen Feststellung, dass die Nichtigkeitsklage gem Art 263 AEUV aufgrund der streng ausgelegten Voraussetzungen nicht als ausreichende Umsetzung des Art 9 Abs 3 gilt.

Wenngleich es sich vorerst um einen Entscheidungsentwurf handelt, den das ACCC nach Eingehen der Stellungnahmen durch die EU und die Beschwerdeführerinnen in den kommenden Monaten noch finalisieren wird, ist eine umfassende Überarbeitung nicht zu erwarten. Ähnlich des Systems der Schlussanträge in Verfahren vor dem EuGH, weichen die Endversionen von Entscheidungen des nur in den seltensten Fällen grundlegend von den veröffentlichten Entwürfen ab.

Der Ende 2020 veröffentliche Begutachtungsentwurf zur Änderung der Aarhus-Verordnung (EG) 1367/2006 sieht derzeit keinen Rechtsschutz in den betreffenden Fällen vor, weshalb die Entscheidung des UNECE-Komitees nun bei der künftigen Rechtsänderung zu berücksichtigen sein wird. Da auch Österreich die Aarhus Konvention ratifiziert hat, ist das zudem Ergebnis auch im Hinblick auf nationale Verfahren von Interesse.

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