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VfGH 3. 7. 2015, A6/2014 hat zu Art 137 B-VG, §§1, 4, 6, 9, 18 EmissionszertifikateG iVm §1431 ff ABGB entschieden:\
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\ Leitsatz\ \ Abweisung einer Klage auf Herausgabe zu Unrecht abgeführter Emissionszertifikate für das Jahr 2009; keine Verringerung der Menge an Treibhausgasen der Anlage während der Handelsperiode durch technische Innovationen oder sonstige Maßnahmen entsprechend der Zielsetzung des EmissionszertifikateG; auf die Anwendung bereicherungsrechtlicher Grundsätze gestützter Anspruch daher ausgeschlossen\
Rechtssatz
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Zulässigkeit der Klage.\
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Die klagende Partei (Betreiberin eines Zement- und eines Kalkwerkes) macht einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen den Bund geltend, dessen Wurzeln im öffentlichen Recht, nämlich im EmissionszertifikateG (EZG), liegen. Das durch das EZG (in Umsetzung unions- und völkerrechtlicher Vorschriften) errichtete System der (für die betreffende Handelsperiode kostenlosen) Zuteilung von Emissionszertifikaten an die Inhaber von von diesem System erfassten Anlagen, der Meldung und Überwachung der von einer solchen Anlage konkret emittierten Kohlenstoffdioxidmengen sowie der dementsprechenden Abgabepflicht von Emissionszertifikaten wird im Wege der Hoheitsverwaltung vollzogen. Rechte und Pflichten von Anlageninhabern auf Grund dieses Regelungssystems ergeben sich damit aus dem öffentlichen Recht.\
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Das EZG selbst enthält keine Bestimmungen (über ein Verfahren) zur Rückforderung von Emissionszertifikaten, wenn sich nachträglich herausstellt, dass diese ohne entsprechende Verpflichtung nach dem EZG an die zuständige Behörde abgeführt worden sind. Das EZG normiert auch keine Regelung, nach der ohne entsprechende Verpflichtung, also „zu viel“ abgegebene Emissionszertifikate beispielsweise pro futuro „gutgeschrieben“ werden könnten, sodass auch diesbezüglich kein Bescheid einer Verwaltungsbehörde erwirkt werden kann.\
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In Fällen, in denen in einer hoheitlichen Verwaltungssache gemäß §63 Abs1 VwGG unverzüglich der „der Rechtsanschauung des VwGH entsprechend[e] Rechtszustand herzustellen“ ist und ein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung im konkreten Fall nicht besteht, hält der VfGH entsprechende Klagebegehren auf Grund des Art137 B-VG für zulässig.\
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Da das EZG keine Regelung über die Verjährung trifft, kann die beklagte Partei ihre Einrede nicht darauf stützen.\
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Zielsetzung des EZG (wie der diesem Gesetz zugrunde liegenden unionsrechtlichen und völkerrechtlichen Regelungen) ist es, die Anlageninhaber dazu zu verhalten, mit der ihnen zugeteilten, ein gewisses Verringerungspotenzial an Treibhausgasemissionen bereits berücksichtigenden Menge an Emissionszertifikaten auszukommen bzw diese zu unterschreiten, um gegebenenfalls im Wege des Handelssystems mit Emissionszertifikaten nicht benötigte Emissionszertifikate verwerten zu können. Insofern liegt dem EZG ein „Anreizsystem“ zugrunde.\
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Dieses ist allerdings darauf ausgerichtet, die Anlageninhaber dazu zu verhalten, während der Handelsperiode durch entsprechende technische Innovationen und sonstige Maßnahmen die Menge an Treibhausgasen, die bei der in der Anlage durchgeführten Tätigkeit entstehen, möglichst zu verringern. Das Anreizsystem zielt also darauf, ein bestimmtes Verhalten der Anlageninhaber in und mit ihren Anlagen zu bewirken.\
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Der vorliegende Sachverhalt ist aber anders gelagert. Unstrittig hat sich über die hier maßgebliche Zuteilungsperiode für Emissionszertifikate, also vom Zeitpunkt ihrer Zuteilung an die klagende Partei bis zu deren Ablieferung, an der technischen und produktionsbedingten Situation der Anlage im Hinblick auf das Rohrleitungssystem, mit dem CO2 in eine benachbarte Anlage abgeleitet wird (als Senke bezeichnet), nichts geändert.\
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Vor diesem Hintergrund folgt aus dem EZG aber, dass das EZG dem von der klagenden Partei geltend gemachten, auf die Anwendung bereicherungsrechtliche Grundsätze gestützten Anspruch entgegensteht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Entscheidung des VwGH vom 24.07.2014, 2011/07/0242, in der (nur) darüber abgesprochen wird, dass der BMLFUW nach §9 Abs5 EZG für den Zeitraum vom 19.03.2009 bis (hier relevant) 31.12.2009 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 18.03.2009 heranzuziehen hat, der bei der Genehmigung des Überwachungskonzepts für das zu meldende Kalenderjahr nach §4 bzw §6 EZG einen Abzug der Senke vorsah, der rechtliche Grund zum Behalten der von der klagenden Partei auch für die Senke abgeführten Emissionszertifikate auf Seiten des Bundes aufgehört hat. Vielmehr ergibt sich aus dem EZG, dass auch für den Fall, dass die klagende Partei entsprechend der genannten Entscheidung des VwGH nur eine rechnerisch um die auf die Senke entfallenden Emissionen verringerte Gesamtmenge an Emissionszertifikaten abzuliefern hätte, auf der anderen Seite eine entsprechende rechnerische Verringerung der der klagenden Partei für das Kalkwerk für die einschlägige Zuteilungsperiode zugeteilten Menge an Emissionszertifikaten vorzunehmen wäre.\
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Kein Kostenzuspruch an die obsiegende beklagte Partei; Betrauung der Finanzprokuratur mit der Vertretung des Bundes nicht notwendig.\
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