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VwGH entscheidet in der Sache Protect

Wenig überraschend hob der VwGH mit seiner heute (20.04.2018) veröffentlichten Entscheidung im wasserrechtlichen Verfahren zu Ra 2015/07/0055 das Erkenntnis des LVwG Niederösterreich auf. Dem Ergebnis des von ihm angestrengten Vorabentscheidungsverfahrens (EuGH 20.12.2017, C-664/15, Protect) entsprechend erklärt er darin § 42 AVG im Hinblick auf die revisionswerbende UO für nicht anwendbar, da dessen „Ausschlussregelung […] das Recht der Revisionswerberin, bei einem Gericht einen Rechtsbehelf einzulegen, wie es Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte für den Schutz der durch Art. 4 der WRRL gewährten Rechte gewährleistet, übermäßig beschränkt“ (Rz 46).

Diesem Ausspruch lag die Frage zugrunde, ob die UO im verwaltungsbehördlichen Verfahren Einwendungen erheben hätte müssen, um nicht zu präkludieren. Zuvor hatte der EuGH klargestellt, dass es UO auch in wasserrechtlichen Verfahren ermöglicht werden muss, eine Entscheidung gem Art 9 Abs 3 AK einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.

Der VwGH führt weiter aus:

„5.3.1. Im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren bestimmt sich der Parteienkreis nach § 102 Abs. 1 lit. a und lit. b WRG 1959. Auch wenn dieser Aufzählung kein abschließender Charakter zukommt, kommt eine darauf gründende Parteistellung für Umweltorganisationen, denen keine subjektiv öffentlichen Rechte zukommen, nicht in Betracht. Eine ausdrückliche Zuerkennung einer Parteistellung einer Umweltorganisation als Formalpartei, wo die Berührung subjektiv-öffentlicher Rechte nicht nachgewiesen werden müsste, findet sich im WRG 1959 nicht. Vor dem Hintergrund der innerstaatlichen Rechtslage kam der Revisionswerberin daher keine Parteistellung zu. [Rz 40]

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (zu § 21a WRG 1959) zudem deutlich gemacht, dass das österreichische Recht auch nicht dahingehend ausgelegt werden könne, dass sich aus § 8 AVG iVm § 102 WRG 1959 eine Parteistellung für Umweltorganisationen ergäbe (vgl. VwGH 30.6.2016, Ro 2014/07/0028). [Rz 41]

5.3.2. Aus der hier relevanten nationalen Bestimmung des § 102 WRG 1959 sowie der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass die Revisionswerberin weder damit rechnen konnte, dass ihr im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren gemäß § 102 Abs. 1 iVm Abs. 3 WRG 1959 Parteistellung zukomme, noch, dass sie faktisch als Partei behandelt werden würde. Es kann ihr daher auch nicht vorgehalten werden, das nur mit der Parteistellung verbundene (und diese aufrecht erhaltende) Recht der Erhebung von wasserrechtlich relevanten Einwendungen nicht wahrgenommen zu haben. [Rz 42]

Anders wäre die Sache zu beurteilen, wenn der Revisionswerberin im behördlichen Verfahren seitens der BH unmissverständlich zu verstehen gegeben worden wäre, dass ihr (auf Grundlage eines unionsrechtskonformes Verständnisses etwa des § 102 WRG 1959 oder des § 8 AVG) Parteistellung zukomme und sie wie eine Verfahrenspartei, etwa durch Gewährung von Akteneinsicht oder Parteiengehör oder der ausdrücklichen Einräumung der Möglichkeit der Erstattung von Einwendungen, behandelt worden wäre. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht eine solche Vorgangsweise allerdings nicht hervor. [Rz 43]

[…]

5.3.3. Die zu prüfende Frage ist somit dahingehend zu beantworten, dass der Revisionswerberin im vorliegenden Verfahren nicht vorgehalten werden kann, ihre Parteistellung sei verloren gegangen, weil sie nicht rechtzeitig Einwendungen im Sinne des § 42 AVG erhoben habe. [Rz 45]“

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