Zu den geprüften Flugrouten und deren Relevanz
Die – grundsätzlich zulässigen – Revisionen von BIs und NachbarInnen behandelten im Wesentlichen die Fachbereiche Prüfung der Flugrouten, Fluglärm und die zugehörige Lärmschutz-VO, sowie das Thema Berücksichtigung der Treibhausgase. Bezüglich der Flugrouten wurde vorgebracht, dass die Berücksichtigung aller technisch und juristisch möglichen Optionen untersucht werden müsse, die Behandlung dürfe nicht auf die wahrscheinlichste Flugroute beschränkt werden und die geprüfte Option sei als Auflage nötig. Der VwGH bestätigte zwar, dass nach dem UVP-G eine Berücksichtigung aller möglichen Routen nötig wäre, erachtete diese jedoch als im Verfahren bereits ausreichend geprüft. Eine Auflage wäre nicht notwendig, da die tatsächliche Festlegung der Route in einem gesonderten Verfahren der Austro Control erfolgen würde, die die Ergebnisse der UVP zu berücksichtigen habe. Zusätzlich schränkte der UVP-Antrag den Prüfgegenstand dahingehend ein, dass die Flugrouten nicht Teil des Verfahrens seien.
Zum Thema Fluglärm
Zum Fluglärm wurden Vorbringen sowohl zur prinzipiellen Zulässigkeit der Luftverkehrs-Lärmimmissionsschutzverordnung, als auch damit verbunden dem Thema Lärm im Freiland erstattet. Wesentlicher Punkt dabei war die Beschränkung der Verordnung auf objektseitige Maßnahmen, also Lärmschutz bei den Beeinträchtigten. Die Behandlung der Einwände gegen die Verordnung wurde bereits vom VfGH mit dem Hinweis abgelehnt, dass diese Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Lärmimmissionsschutz-VO (Schiene, Straße) sachlich in den Besonderheiten des Flugverkehrs begründet liege. Der VwGH schloss sich dieser Entscheidung des VfGH an. Die vorliegenden Gutachten zum Lärmschutz und zur Frage der Einhaltung bzw. Unterschreitung der Grenzwerte wurden vom VwGH als ausreichend befunden, da die Revisionswerbenden aus Sicht des Gerichtshofes keine konkreten Anhaltspunkte vorgelegt hätten, die eine Unterschreitung der Schwellenwerte notwendig machen würde.
Zum Klimaschutz
Besonders hervorzuheben sind die Aussagen des VwGH zum Thema Treibhausgasemissionen. Hierzu wird festgehalten, dass das UVP-G, bzw. die UVP-Richtlinie Auswirkungen auf das globale Klima und nicht bloß auf das Mikroklima berücksichtigt wissen wollen. Umso mehr sei dies der Fall nach der Novelle der Richtlinie aus 2014, die zwar aufgrund von Übergangsbestimmungen nicht auf die Dritte Piste anwendbar ist, aber umso mehr in künftigen UVP-Verfahren eine Rolle spielen wird. Der VwGH hielt fest, dass das BVwG insofern nicht an den Spruch des VfGH gebunden wäre, sollte damit Unionsrecht ausgehebelt werden. Dennoch hielt der VwGH das Erk des BVwG aufrecht, da laut ihm eine Zurechnung der Treibhausgasemissionen aus Flügen zur Dritten Piste nicht zulässig wäre. Diese Ausstöße wären nach dem aktuellen Regime der EU alleinig den Fluggesellschaften zuzurechnen. Dies überzeugt nicht, da das Regime des Emissionshandels der EU nicht der alleinige Ansatz zur Steuerung von klimarelevanten Emissionen ist (so auch Kirchengast/Madner/Schulev-Steindl/Steininger/Hollaus/Karl in RdU 2017, 129 und Kerschner in RdU 2017, 194).
Zum Beschwerdeumfang und Kritik am BVwG
Schließlich beachtlich sind die Aussagen des VwGH zur Behandlung von Vorbringen außerhalb der Beschwerden durch die Verwaltungsgerichte. Dieser andauernde Auslegungskonflikt v.a. zwischen dem BVwG und dem VwGH wird von letzterem erneut aufgegriffen. So hebt der Gerichtshof hervor, dass Verwaltungsgericht natürlich nicht ausschließlich an die Vorbringen der Beschwerde gebunden wären, sondern ihr Prüfungsumfang durchaus weiter sein kann. § 27 VwGVG stehe dem keinesfalls entgegen (so auch VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066; 09.09.2015, Ro 2015/03/0032; 28.04.2016, Ra 2015/07/0057 und weitere). Das Erk schließt der Gerichtshof damit, dass er die massive Kritik an der ersten, negativen Entscheidung des BVwG adressiert:
„Fallbezogen ist der Revision 2 zwar darin Recht zu geben, dass einzelne Reaktionen auf das Erkenntnis des BVwG im ersten Rechtsgang, mit dem eine UVP-Genehmigung versagt worden ist, die Grenzen legitimer Kritik an gerichtlichen Entscheidungen und den entscheidenden Richtern überschritten haben. Allerdings vermag dieser Umstand für sich betrachtet noch keine Befangenheit der Richter im zweiten Rechtsgang zu begründen, läge es doch sonst in der Hand der Kritiker, durch eine solcherart unsachliche Kritik Richter vom weiteren Verfahren ausschließen zu könne.“ (VwGH 06.03.2019, Ro 2018/03/0031 ua, Rz 100).
Fazit
Mit der vorerst letzten Entscheidung im Fall Dritte Piste nimmt erstmals der VwGH selbst Stellung zu einigen rechtlichen Fragen des Verfahrens, wenngleich der VfGH bereits zwei Mal den Prüfungsumfang diesbezüglich eingeschränkt hat. Beachtlich sind für zukünftige Verfahren dabei die Aussagen zum Thema Klimaschutz/Treibhausgase und – erneut – Prüfungsumfang der Verwaltungsgerichte. Die Entscheidung im Fall selbst ist bezüglich der Emissionszurechnungen wenig überzeugend, unterstreicht jedoch erneut die Verantwortung der Politik, endlich umfangreiche und effektive Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen und klare legistische Rahmenbedingungen zu schaffen.