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BVwG: Auch Speicherteiche für Beschneiungsanlagen sind UVP-relevant

Nach der Z 12 des Anhangs des UVP-G 2000 sind die Erschließung von Schigebieten durch Errichtung von Seilförderanlagen oder Schleppliften oder Errichtung von Pisten UVP-pflichtig, wenn damit eine Flächeninanspruchnahme mit Geländeveränderung von mindestens 20 ha (Spalte 1) oder 10 ha (Spalte 3) verbunden ist. Beschneiungsanlagen und dafür genutzte Speicherteiche sind im Anhang des UVP-G nicht erwähnt.

Der Umweltsenat beurteilte die Errichtung von Speicherteichen in seiner Spruchpraxis differenziert: Solle ein Speicherteich lediglich der Beschneiung schon bisher als Schipisten gewidmeter Flächen dienen, sei der damit einhergehende Flächenverbrauch nicht in den jeweiligen Schwellenwert der Z 12 einzurechnen. Dies folge daraus, dass in einer solchen Konstellation keine Geländeveränderung durch Pistenneubau oder durch Lifttrassen vorliege (US 20. 12. 2002, 6A / 2002 / 7-43 [Pitztaler Gletscher]; 5. 12. 2008, 6A / 2008 / 10-24 [Ischgl]). Im Sinne dieser Judikatur war ein Speicherteich in Bezug auf den Schwellenwert bislang nur dann einzurechnen, wenn er der Beschneiung neu zu errichtender Pisten dienen sollte.

Das BVwG lud jüngst zur mündlichen Verhandlung betreffend die UVP-Pflicht der Schigebietserweiterung im Gemeindegebiet von St. Gallenkirch. Darin gab das BVwG bekannt, dass es in diesem Verfahren vorläufig von der Rechtsansicht ausgehe, „dass die Bestimmung der Ziffer 12 des Anhangs 1 zum UVP-G 2000 richtlinienkonform nach der UVP-Richtlinie (Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. 12. 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten) auszulegen ist. Demnach wäre die Flächeninanspruchnahme durch den Beschneiungsteich für den UVP-Schwellenwert in vollem Umfang einzurechnen. In diesem Zusammenhang wird auf den Aufsatz von Bußjäger/ Ennöckl, Beschneiungsanlagen, Schigebiete und UVP-Pflichtigkeit, in der Zeitschrift Natur und Recht Jahrgang 2019, S. 802 ff verwiesen, der diesem Schreiben angeschlossen wird.“

Im betreffenden Aufsatz vertraten Peter Bußjäger und ich die Ansicht, dass der UVP-Tatbestand des Anhangs II Z 12 UVP-RL eine andere Struktur als jener des Anhangs 1 Z 12 UVP-G 2000 aufweist. Während die Regelung des UVP-G 2000 nur zwei UVP-pflichtige Projekttypen vorsieht (nämlich Schipisten und Schilifte/Seilbahnen), kennt die UVP- Richtlinie mit den „zugehörigen Einrichtungen“ eine weitere Vorhabenskategorie, für die die nationalen Gesetzgeber die Bedingungen einer allfälligen UVP-Pflicht festlegen müssen. Unter den Vorhabenstyp der „zugehörigen Einrichtungen“ fallen – wie aus dem Leitfaden der Kommission „Die Auslegung der Definitionen der in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projektkategorien“ hervorgeht – insbesondere Beschneiungsanlagen (siehe Seite 62 des Leitfadens). Die Auffassung, dass ein Speicherteich, der nur der Beschneiung schon bestehender Schipisten dient, für die UVP-Pflicht irrelevant sei, steht daher uE in Widerspruch zu Anhang II Z 12 UVP-RL.

Dieser Auffassung hat sich nunmehr das BVwG angeschlossen. Doch noch bevor über die UVP-Pflicht abgesprochen werden konnte, zog die Silvretta Montafon Bergbahnen GmbH als Projektbetreiberin den Genehmigungsantrag zurück. Dennoch ist für die Zukunft davon auszugehen, dass die Flächeninanspruchnahme durch Speicherteiche bei der Berechnung der Schwellenwerte für die Z 12 des Anhangs des UVP-G zur Gänze mitberücksichtigt werden muss.

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