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Peter Sander

Einhaltungsausschuss kritisiert Umsetzung der Aarhus Konvention in Österreich

Mehr als sieben Jahre sind inzwischen vergangen, seit der Umsetzungsausschuss zur Aarhus Konvention (Aarhus Convention Compliance Committee – ACCC) erstmals im Fall ACCC/C/2010/48 die unzulängliche Umsetzung der Konventionsvorgaben in Österreich feststellte. Dieses Ergebnis wurde hinsichtlich des Gerichtszugangs von Umweltschutzorganisationen nach Artikel 9 Abs 3 der Konvention seither in zwei unterschiedlichen Entscheidungen der Vertragsstaatenkonferenz (Decision V/9b und Decision VI/8b) bestätigt. Nunmehr forderte das ACCC Österreich im Rahmen des aktuellen Progress Review auf, bis Oktober 2020 weitere Schritte zu setzen, um einer erneuten negativen Entscheidung im Rahmen der nächsten Vertragsstaatenkonferenz 2021 und den damit verbundenen völkerrechtlichen Konsequenzen, etwa einer – Verwarnung Österreichs – zuvorzukommen.

Was bereits geschah

Die Vertragsstaatenkonferenz urgierte im Wesentlichen, durch rechtliche und praktische Maßnahmen die erforderlichen Rechtsmittelvoraussetzungen für die Öffentlichkeit abseits der bereits bestehenden in UVP- und IPPC- und Umwelthaftungsverfahren zu schaffen. Zudem wurde Österreich dazu aufgefordert, ein Weiterbildungsprogramm für Richterinnen und Richter und sonstige relevante Juristinnen und Juristen zur Umsetzung der Aarhus Konvention einzurichten.

Seither berichtet Österreich jährlich – zuletzt im Oktober 2019 – über den Fortschritt der Umsetzung der Entscheidungsinhalte in nationales Recht. Zentrale Punkte waren in diesem Zusammenhang das Anfang 2019 in Kraft getretene Aarhus Beteiligungsgesetz 2018 (BGBl I 73/2018, siehe Beitrag von Peter Sander, 11.12.2018), aber auch die unterschiedlichen Umsetzungsschritte auf Landesebene (siehe Beitrag von Gregor Schamschula, 29.08.2019).

Da nicht nur Österreich, sondern auch die Europäische Union Vertragspartei der Aarhus Konvention ist, sind die völkerrechtlichen Vorgaben betreffend den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auch aus unionsrechtlichen Aspekten in Zusammenhang vor dem Hintergrund des Äquivalenzprinzips und Art 47 GRC für Österreich verbindlich. Die zuvor genannten legislativen Schritte zielten demnach insbesondere darauf ab, Unionsrechtskonformität herzustellen und mögliche, mit der Verpflichtung zur direkten Anwendung der Bestimmungen über den Gerichtszugang bzw Nichtanwendung entgegenstehender nationaler Bestimmungen (vgl EuGH C-664/15, Protect, ECLI:EU:C:2017:987) verbundene, Rechtsunsicherheit zu vermeiden.

Was der Gesetzgeber dabei jedoch übersehen hat ist, dass die Aarhus Konvention Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren zur Anfechtung der von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und Unterlassungen, die gegen „umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen“, erfordert. Davon sind somit nicht nur unionsrechtlich geregelte Umweltbelange erfasst, sondern darüber hinaus auch andere Bereiche, wie etwa das Chemikalien-, Raumordnungs- oder Forstrecht. Außerdem fehlt nach wie vor die ebenso klar geforderte Möglichkeit, gegen umweltrechtliche Verordnungen oder Unterlassungen

Was noch zu tun ist

Dem ACCC sind hinsichtlich der Umsetzungsschritte unterschiedliche Lücken aufgefallen. Diese beziehen sich etwa darauf, dass sich die Umsetzung von Artikel 9 Abs 3 der Konvention auf Bundesebene weiterhin auf bestimmte Verfahren nach dem AWG, dem WRG, dem IG-L, dem EG-L, dem UVP-G, dem B-UHG sowie auf IPPC-Verfahren beschränkt. Österreich ist wurde wiederholt vergeblich dazu aufgefordert, eine Liste mit sämtlichen Rechtsbereichen zu übermitteln, die noch einer Anpassung bedürfen. Zudem muss Österreich im Rahmen des nächsten Umsetzungsberichts ua zu folgenden Fragen Stellung beziehen:

  1. Beschränkt sich der Gerichtszugang von Umweltschutzorganisationen im AWG auf Vorwürfe von Verstößen gegen Unionsrecht?

  2. Beschränkt sich der Gerichtszugang von Umweltschutzorganisationen im Wasserrecht auf Projekte mit potentiell erheblichen Auswirkungen auf die Wasserqualität?

  3. Beschränkt sich die Rechtsmittellegitimation von Umweltschutzorganisationen betreffend von Privatpersonen und Behörden begangene Unterlassungen auf den Anwendungsbereich des IG-L?

  4. Beschränkt sich die Anfechtbarkeit von Plänen und Programmen, die gegen umweltrechtliche Bestimmungen verstoßen auf das Luftreinhalterecht?

Sollten eine oder mehrere der Fragen bejaht werden, hat Österreich die geplanten Gesetzesänderungen darzulegen, um den jeweils konventionskonformen Zustand herzustellen.

Kritikpunkte an den Länderumsetzungen – etwa die Einschränkung der Rechtsmittellegitimation auf Verstöße gegen Unionsrecht, die fehlende Anfechtbarkeit von Plänen und Programmen oder die fehlende Rechtmittellegitimation bei Unterlassungen zB von Screeningverfahren – nahm das ACCC vorerst zur Kenntnis. Um hier eine konkrete Aussage zu treffen wurde Österreich erneut aufgefordert, die relevanten Gesetzesbestimmungen in übersetzter Version zu übermitteln.

Auch hinsichtlich der im Zuge der letzten UVP-G-Novelle, BGBl I 80/2018, neu geschaffenen Anerkennungsvoraussetzungen für Umweltschutzorganisationen äußerte sich das ACCC kritisch. Schließlich kommen diese im Rahmen von sämtlichen umweltrechtlichen Verfahren zur Anwendung, in denen NGOs Gerichtszugang gewährt wird, da die relevanten Materiengesetze auf Bundes- und Landesebene allesamt auf den einschlägigen §19 UVP-G verweisen. In diesem Zusammenhang ist nun ua darzulegen, aufgrund welcher Argumentation die Mindestanzahl von einhundert Mitgliedern festgelegt wurde und weshalb die Anerkennungskriterien alle drei Jahre bzw jederzeit auf Aufforderung der Bundesministerin nachzuweisen sind. Darüber hinaus ist Österreich dazu berufen, den mit den neu eingeführten Kriterien angefallenen Ressourcenaufwand auf NGO-Seite zu erheben und das ACCC im Herbst darüber zu informieren.

Aktuelle Dokumente zum anhängigen Verfahren finden Sie auf der Website der UNECE.

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