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LVwG NÖ lehnt die Herausgabe von Daten zur Evaluierung von Fischotterentnahmen ab

Bei den angefragten Informationen handelt es sich um Umweltinformationen. Das Gericht negiert einen Herausgabeanspruch mit der Begründung, es handle sich dabei um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse bestünde.

Im Februar 2017 erteilte die NÖ Landesregierung eine Ausnahmegenehmigung zum Fangen und Töten von insgesamt 40 Fischottern. Fischotter zählen zu den nach Anhang IV FFH-RL europaweit streng geschützten Arten. Die Entnahmeberechtigten wurden daher von der Behörde verpflichtet eine zusammenfassende Gesamtdarstellung aller vorgenommenen Eingriffe in die Fischotterpopulation und ihre Auswirkungen auf die Fischbestände (Altersstruktur und Biomasse) in Berichtsform (Monitoring-Bericht) vorzulegen.

Die Umweltschutzorganisationen ÖKOBÜRO und WWF beantragten in der Folge die Herausgabe von Informationen zur Evaluierung der genannten Fischotterentnahmen. Die NÖ Landesregierung übermittelte den teils geschwärzten Monitoring-Bericht, hielt einen Teil der angefragten Informationen – insbesondere Daten zum Besatz der betroffenen Teiche – mit Verweis auf den Datenschutz und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ohne Durchführung einer Interessenabwägung zurück.

Das LVwG NÖ wurde sodann mit der Frage befasst, ob es sich bei den zurückgehaltenen Informationen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse iSd § 12 Abs 2 Z 4 NÖ Auskunftsgesetz handelt, an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse besteht, und wenn ja inwieweit das Interesse an deren Schutz höher wiegt als das öffentliche Interesse an der Herausgabe der Umweltinformation (vgl § 12 Abs 4 NÖ Auskunftsgesetz).

Besatzdaten sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

Das Gericht stellt nunmehr fest, dass Informationen zum Ergebnis der Abfischung oder zur Aufschlüsselung des Besatzes Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen. Deren Weitergabe sei geeignet, einen Überblick über die aktuelle Besatzpolitik einzelner Betriebe zu geben und würde die Möglichkeit eröffnen, entsprechend im Voraus taktisch die möglichen zu erzielenden Preise zu berechnen, wodurch es zu einer Marktschwächung der Inhaber*innen der Betriebsgeheimnisse durch mit ihnen im Wettbewerb stehende Konkurrenzunternehmen kommen könnte. Durch die Weitergabe der Informationen könne somit ein nicht nur geringfügiger wirtschaftlicher Nachteil für die betroffenen Teichwirt*innen eintreten.

Auf eine Gegenüberstellung dieses Geheimhaltungsinteresses mit dem öffentlichen Interesse an der Überwachung von Eingriffen in geschützte Arten und eine entsprechende Gewichtung verzichtet das Gericht weitgehend. Es begnügt sich mit der Aussage dass das Interesse an der Geheimhaltung der über das Interesse an der Bekanntgabe zu stellen ist. Darüber hinaus wurde die Interessenabwägung nur pauschal und nicht hinsichtlich der einzelnen im Informationsbegehren gestellten Fragen durchgeführt. Das entspricht wohl nicht den Vorgaben des VwGH an eine Interessenabwägen (vgl etwa VwGH, 25.4.2001, 99/10/0055, und die dort zitierte Vorjudikatur zur naturschutzrechtlichen Interessenabwägung).

Gericht negiert Anspruch auf Teilherausgabe

Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass das Verwaltungsgericht nicht nur die Teilzurückhaltung von Informationen zur Evaluierung der Fischotterentnahmen durch die NÖ Landesregierung bestätigt, sondern darüber hinaus den Informationsanspruch der Beschwerdeführerinnen gänzlich verneint. Der Monitoring-Bericht stelle eine Einheit dar, denn die Kapitel stünden zueinander in Bezug, weshalb der gesamte Bericht zurückgehalten werden kann. Das Gericht verkennt jedoch, dass die informationssuchenden Umweltschutzorganisationen nicht die Herausgabe des Monitoring-Berichts selbst sondern einzelner – mitunter im Bericht enthaltener – Umweltinformation angefragt haben.

Eine Pauschalverweigerung des Informationszuganges, weil von einer Informationsanfrage teilweise schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen sind, scheint unverhältnismäßig und findet – entgegen der Ansicht des Gerichts – wohl auch keine Deckung durch Art 4 Abs 4 UI-RL (RL 2003/4/EG). Dagegen spricht sich auch der EuGH in der Entscheidung Križan u. a. (C-416/10) aus, nachdem es gegen Art 4 Abs 4 der UI-RL verstößt, den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen heranzuziehen, um der betroffenen Öffentlichkeit jeden, auch nur teilweisen Zugang zu verwehren.

Nach der Aarhus-Konvention sowie der UI-RL dürfen Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen nur in bestimmten, genau festgelegten Fällen abgelehnt werden, und die Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe sind eng auszulegen. Die besprochene Entscheidung ist aber in Bezug auf die Qualität der Interessenabwägung als auch die Beurteilung des Anspruchs auf Teilherausgabe kritikwürdig. Die Rechtmäßigkeit einer Pauschalverweigerung der Herausgabe von Informationen zur Beurteilung des strengen Artenschutzes auf dieser Grundlage ist sehr fragwürdig.

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