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Nachbarrechtliche Unterlassungsklage gegen Müllsammelstelle

OGH 29. 11. 2013, 8 Ob 28/13w (ergangen zu den §§ 364 Abs 2 und 1 JN) sind wichtige Klarstellungen zur Abgrenzung zwischen Amtshaftungsverfahren/und sonstigen zivilrechtlichen Unterlassungsklagen gem ABGB zu entnehmen.

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Im Anlassfall richtete Gemeinde gem § 14 Tir AWG eine öffentliche Müllabfuhr ein, wobei sie sich auch privater Unternehmen bedienen kann. Zur Müllabfuhr zählt ua die Einrichtung von Sammelstellen für den Siedlungsabfall. Die Beklagte betrieb im Ausgangsstreit im Auftrag einer Tiroler Gemeinde eine Müllsammelstelle mit 13 Müllcontainern, die unmittelbar neben dem Wohnhaus und dem Garten des Klägers eingerichtet wurde.

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Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger, die Beklagte gem § 364 Abs 2 ABGB dazu zu verpflichten, über das ortsübliche Maß hinausgehende Geruchsimmissionen, das Eindringen von Abfällen sowie Lärmimmissionen während der Nachtstunden sowie an Sonn- und Feiertagen zu unterlassen.

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Das ErstG gab dem Klagebegehren statt. Das BerufungsG hob diese Entscheidung und das vorangegangene Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs als nichtig auf. Da die Müllabfuhr und somit auch der Betrieb von Sammelstellen im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfolge, sei eine gerichtliche Durchsetzung nachbarrechtlicher Unterlassungsansprüche nicht möglich.

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Der OGH bejahte hingegen die Zulässigkeit des Rechtswegs und trug dem BerufungsG auf, inhaltlich über die Berufung zu entscheiden. Die Klage wende sich nicht gegen die Errichtung der Müllsammelstelle an sich, sondern gegen Emissionen, die nach dem Vorbringen des Klägers nicht notwendig mit dem Betrieb verbunden, sondern durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen vermeidbar sind. Hoheitliche Regelungen zur konkreten Ausgestaltung und zum konkreten Betrieb der Sammelstelle gebe es nicht. Die beanstandeten Immissionen selbst könnten daher nicht als Erfüllung einer hoheitlichen Verpflichtung qualifiziert werden. Offen ließ der OGH, ob es sich bei der Sammelstelle aufgrund der Genehmigungspflicht nach § 54 Abs 1 Z 1 AWG um eine behördlich genehmigte Anlage handelt und ein Unterlassungsanspruch folglich gem § 364a ABGB ausgeschlossen ist.

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Leitsatz der Red: Wenn eine nachbarrechtliche Klage im Ergebnis auf die Unterlassung von Handlungen gerichtet ist, die im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfolgen, ist der Rechtsweg unzulässig. Emissionen, die von Maßnahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge (hier: Müllabfuhr) ausgehen, sind aber nicht zwangsläufig der Hoheitsverwaltung zuzuordnen. Auch wenn die Müllabfuhr zur Hoheitsverwaltung gezählt wird, ist der Rechtsweg für eine nachbarrechtliche Klage, die sich nicht gegen eine Müllsammelstelle an sich, sondern gegen ihre Ausgestaltung und die Art des Betriebs wendet (hier: Unterlassung vermeidbarer, nicht ortsüblicher Geruchs- und Lärmimmissionen), zulässig.

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