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VfGH: Gesetzesprüfungsverfahren WRG

\ \ Der VfGH hat vor kurzem ein Gesetzesprüfungsverfahren zu §§ 55 und 102 WRG eingeleitet (26. 9. 2011, B 51/10). Der Gerichtshof führte aus: Es dürfte mit dem Organisationskonzept und dem Rechtsschutzsystem der Bundesverfassung nicht in Einklang stehen, dem Landeshauptmann in seinem eigenen Wirkungsbereich als erkennende Behörde zugleich die Stellung als Amtspartei zu verleihen. Der VfGH hat daher ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet, und zwar betr § 55 Abs 1 lit g idF BGBl I 2005/87, der Wortfolgen „, im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs 1 lit h) beizuziehen“ sowie „in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie“ in § 55 Abs 4 idF BGBl I 2005/87 sowie betr § 102 Abs 1 lit h WRG idF BGBl I 2005/87.\ \

\ Bedenken des VfGH\ \ Dem Landeshauptmann in seiner Eigenschaft als wasserwirtschaftliches Planungsorgan obliegt nach der vorläufigen Annahme des VfGH als Formalpartei die Wahrnehmung der im Gesetz genannten wasserwirtschaftlichen Interessen. Die Wahrnehmung gerade dieser Interessen obliegt dem Landeshauptmann aber in jenen wasserrechtlichen Angelegenheiten, in denen er vom Gesetz zur behördlichen Entscheidung berufen ist, schon aufgrund der Bindung der Verwaltung an das Gesetz. […]\ \ Die Parteistellung von Amtsorganen [kann] zur Wahrung bestimmter öffentlicher Interessen zwar an die Stelle der Einräumung einer Entscheidungskompetenz treten […], nicht aber neben diese, sodass im Ergebnis eine (wenngleich nur zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen befugte) Verfahrenspartei zugleich zur behördlichen Entscheidung und – wie die hier vorliegende Konstellation zeigt – damit sogar zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen ihren eigenen Bescheid berufen wäre.\ \ Auch das bundesverfassungsgesetzlich vorgesehene System von Rechtsschutzeinrichtungen gegen rechtswidrige behördliche Akte, wie es im 7. Hauptstück des B-VG verankert ist, dürfte diesen Befund bestätigen, setzt es doch anscheinend eine Verschiedenheit von Partei und erkennender Behörde geradezu voraus (vgl etwa Art 131 Abs 1 Z 2 und 3 B-VG).\ \ Es dürfte daher mit dem Organisationskonzept und dem Rechtsschutzsystem der Bundesverfassung nicht in Einklang stehen, dem Landeshauptmann in seinem eigenen Wirkungsbereich als erkennende Behörde zugleich die Stellung alsAmtspartei zu verleihen.\ \ Ob die Prozessvoraussetzungen gegeben sind und die dargelegten Bedenken zutreffen, wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein.\ \ Mögliche verfassungskonforme Interpretation\ \ Dabei wird auch zu klären sein, inwieweit die in Prüfung gezogenen Bestimmungen einer verfassungskonformen Interpretation dahingehend unterzogen werden können, dass diese – ähnlich wie die Bestimmung des § 13 ArbIG, BGBl 1993/27 idF BGBl I 2009/150 – ein Berufungsrecht der entscheidenden Behörde gegen ihren eigenen Bescheid ausschließt, sondern Berufungs- und Beschwerderechte immer nur gegen von anderen – allenfalls auch in einem Weisungszusammenhang stehenden – Behörden erlassene Akte in Betracht kommt. Eine derartige Konstellation kann etwa bei einer Entscheidung durch den Landeshauptmann in erster Instanz (die sich vor dem Hintergrund der Zuständigkeitsregelungen der §§ 98 ff WRG als Ausnahmekonstellation darstellt und nur bei bestimmten Projekten größerer Dimension vorliegt – vgl im Einzelnen va § 99 Abs 1 WRG) insoweit in Betracht kommen, als es um wasserwirtschaftliche Interessen eines anderen Bundeslandes geht und daher ein anderer Landeshauptmann Berufung gegen diese erstinstanzliche Entscheidung erheben könnte (vgl etwa die Konstellation in VwSlg 16.980 A/2006, in dem gegen einen Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark seitens des Landeshauptmannes des Burgenlandes als wasserwirtschaftliches Planungsorgan Berufung erhoben wurde).

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