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Dieselfahrverbote – auch in Österreich?

Jetzt sind sie also da, die Dieselfahrverbote. Wenngleich die Grundsatzentscheidung des dt BVwG, mit der Dieselfahrverbote für grundsätzlich zulässig erklärt wurden, nicht völlig überraschend kam, sorgte sie doch für einigen Wirbel (siehe dazu bereits den Beitrag von Peter Sander vom 06.04.2018). Noch höher gehen die Wogen nun, da einzelne dt Städte tatsächlich Fahrverbote einführen bzw einführen müssen. In Hamburg gelten seit Anfang Juni bereits streckenweise Fahrverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge, Stuttgart führt solche ab 2019 für das gesamte Stadtgebiet ein. Zuletzt hat das VwG Wiesbaden Fahrverbote für Frankfurt beschlossen.

Nun mögen diese Entwicklungen einige verblüffen, unerwartet kommen sie allerdings nicht. Einerseits sind die betreffenden unionsrechtlichen Vorgaben alles andere als neu: Schon im Jahr 1996 wurde die sogenannte Luftqualitätsrahmenrichtlinie (RL 96/62/EG) verabschiedet, weitere Richtlinien folgten. Aktuell gilt die RL 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa. Seit vielen Jahren sind also Grenzwerte für verschiedenste Stoffe, darunter Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2), in Kraft. Dass es um die Einhaltung dieser Grenzwerte ernst ist, machte der EuGH mit mehreren Entscheidungen klar. So erkannte er beispielsweise in seiner viel beachteten „Janecek-Entscheidung“ (EuGH 25.07.2008, C‑237/07) schon vor über zehn Jahren das Recht Einzelner an, die Erlassung von Luftreinhalteplänen und -maßnahmen im Fall von Grenzwertüberschreitungen einzufordern.

Andererseits ist seit Jahren bekannt, dass in zahlreichen Städten die Grenzwerte kontinuierlich überschritten werden und dass Diesel-Pkw einen großen Anteil dazu beitragen (72,5 % des NO2 laut dt Umweltbundesamt). Der sogenannte „Diesel-Skandal“ tat sein Übriges dazu, haben sich doch die Schadstoffausstöße durch neuere Fahrzeuge nicht verringert, sondern im Gegenteil sogar noch erhöht.

Auch wenn die Dieselfahrverbote also keine große Überraschung sind, stoßen sie doch auf sehr viel Widerstand und Unverständnis. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sich die zuständigen Behörden teilweise weigern, die entsprechenden Gerichtsentscheidungen umzusetzen. Dies führte in Bayern mittlerweile sogar so weit, dass der dortige Verwaltungsgerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH stellen will, um die Möglichkeit zur Anordnung von Erzwingungshaft gegen Amtsträger/innen prüfen zu lassen.

In Österreich sind Fahrverbote trotz regelmäßiger Grenzwertüberschreitungen bislang noch kein großes Thema, wohl aber denkbar. Eine gesetzliche Grundlage gebe es mit §§ 14 und 16 IG-L jedenfalls. Es sei an dieser Stelle auch daran erinnert, dass in Graz im Winter 2006/2007 bereits Dieselfahrverbote vorgesehen waren (siehe § 8 IG-L-Maßnahmenverordnung, LGBl 131/2006). Diese wurden allerdings nie wirksam, weil die konkreten luftgüteseitigen Voraussetzungen in jenem Winter nicht erfüllt wurden.

Auch eine VwGH-Entscheidung vom Februar dieses Jahres, mit der ein Antragsrecht von Umweltorganisationen nach § 19 Abs 7 UVP-G 2000 auf Erlassung von Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte anerkannt wurde, brachte neuen Wind in die Diskussion rund um das Luftreinhalterecht. Der im Juni vorgelegte Entwurf für ein Aarhus-Beteiligungsgesetz enthält auch Änderungen des IG-L, um die durch die Judikatur bestätigten Rechte von UO gesetzlich zu normieren.

Derzeit scheint also einiges in Bewegung. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage in Österreich weiterentwickeln wird. Fakt ist jedenfalls, dass ein Umdenken im Bereich des motorisierten Individualverkehrs dringend geboten ist. Denn neben den daraus resultierenden gesundheitsgefährdenden Schadstoffausstößen trägt er vor allem auch maßgeblich zum Klimawandel bei.

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