Erneute Aufregung um das UVP-rechtliche Kumulierungsverständnis. Mit der Entscheidung vom 29.8.2024, Ra 2022/07/0025, setzt der VwGH den vor einigen Monaten bereits eingeschlagenen Weg (vgl. VwGH vom 21.12.2023, Ra 2023/04/0109) zur Frage der Kumulierung von „gleichartigen“ Vorhaben im UVP-rechtlichen Kontext fort. Dazu im Detail:
Ausgangssachverhalt des Verfahrens war ein UVP-Feststellungsantrag zur Frage einer UVP-Pflicht für die geplante Errichtung und den Betrieb eine Baurestmassendeponie mit einem Gesamtvolumen von 900.000 m3. Im räumlichen Umfeld des Projekts befanden sich eine Reihe von potentiell im Rahmen einer Kumulierungsprüfung zu berücksichtigenden Vorhaben, konkret eine stillgelegte Baurestmassendeponie, eine stillgelegte Bodenaushubdeponie, ein nach dem MinroG genehmigter Lärmschutzdamm, ein Sand- und Kiesabbau, zwei Zwischenlager für mineralische Baurestmassen und Betonabbruch sowie eine Verhüttungsanlage.
Aus Sicht der UVP-Behörde sowie des BVwG wurde lediglich die stillgelegte Baurestmassendeponie als zu kumulierendes Vorhaben eingestuft. Mangels Schwellenwerterreichung (1.000.000 m3) dieser beiden Vorhaben bei einer gemeinsamen Betrachtung, wurde jedoch von einer weiteren Prüfung des räumlichen Zusammenhanges abgesehen. Hinsichtlich der Bodenaushubdeponie und den beiden Zwischenlagern hielt das BVwG fest, dass es sich dabei um keine Vorhaben iSd Anhang 1 UVP-G 2000 handle und daher bereits aus diesem Grund kein gleichartiges Vorhaben iSd § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 vorliegen könne. Auch der Lärmschutzdamm wurde nicht in die Kumulationsprüfung miteinbezogen, da es sich dabei nach Ansicht des BVwG um einen zulässige Verwertungsmaßnahme handle und damit eine Kumulation ebenso ausscheide. Als entscheidungsrelevant sollten sich letztlich die Ausführungen des BVwG zur Frage der Kumulierung des Sand- und Kiesabbaus erweisen. Dazu führte das BVwG zusammengefasst aus, dass es sich dabei zwar um Vorhaben iSd Anhanges 1 des UVP-G 2000 handle (Z 25), jedoch die unterschiedlichen Schwellenwerte, einerseits in ha für den Sand- und Kiesabbau und anderseits in m3 für die Baurestmassendeponie, eine kumulative Betrachtung dieser beiden Vorhaben ausschließen würde.
Der VwGH beurteilte diese rechtliche Einordnung des BVwG letztlich als unzulässig und hob das Erkenntnis aufgrund inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Insbesondere unter Verweis auf die Entscheidung vom 21.12.2023, Ra 2023/04/0109, hielt der VwGH fest, dass das Vorliegen von Schwellenwerten die in unterschiedlichen Maßeinheiten definiert sind, kein Hindernis für eine Kumulation dieser Vorhaben darstellt. Vielmehr sind grundsätzlich Vorhaben zu berücksichtigen, die insofern schutzgutbezogen im räumlichen Zusammenhang mit dem zu prüfenden Vorhaben stehen, als Wechselwirkungen ihrer Auswirkungen mit den Auswirkungen des zu prüfenden Vorhabens auf einzelne Schutzgüter im für die Umwelt erheblichen Ausmaß nicht von vornherein ausgeschlossen werden können.
In der gegenständlichen Konstellation kann aus Sicht des VwGH – allenfalls durch die Beiziehung von Sachverständigen – durch die Ermittlung der Fläche beim Sand- und Kiesabbau sowie die Berücksichtigung der Grabungstiefe, ein Volumen des Kies- und Sandaushubmaterials in Kubikmeter berechnet werden, was zur Möglichkeit der Zusammenrechenbarkeit der so erhaltenen Menge von Aushubmaterial in Kubikmetern mit dem geplanten zu deponierenden Material ebenso in Kubikmeter führt. Alternativ wird vom VwGH auch noch in den Raum gestellt, dass allenfalls eine Ermittlung des Aushubmaterials des Kies- und Sandabbaus in Tonnen und eine darauffolgende Umrechnung dieser Gewichtsmaßeinheit anhand der Dichte des Aushubmaterials in die Volumenmaßeinheit Kubikmeter ebenfalls denkbar wäre.
Im Ergebnis führt diese Entscheidung aus Projektwerbersicht zu einer erhöhten Rechtsunsicherheit. Zum gegenständlichen Zeitpunkt ist kaum seriös abschätzbar, welche Vorhaben mit unterschiedlichen Schwellenwerten in Zukunft aufgrund welcher Berechnungsmethoden zu kumulieren sein werden.