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Lärmemissionen vom Hubschrauberlandeplatz eines Sanatoriums


OGH 22. 9. 2010, 8 Ob 128/09w hat rezent eine bedeutsame Interpretation zum Verhältnis der §§ 364 Abs 2, 364a ABGB zu §§ 2, 71 LFG vorgenommen.

Die Bekl betreibt in einem Schigebiet seit längerer Zeit ein privates Sanatorium. Nachbarrechtliche Unterlassungsansprüche gegen Lärmemissionen, die bei Starts und Landungen auf dem gem § 71 LFG als Zivilflugplatz genehmigten Hubschrauberlandeplatz dieses Sanatoriums entstehen, sind nicht ausgeschlossen, weil im Genehmigungsverfahren keine Parteistellung der Nachbarn vorgesehen ist. Wenn sich durch den Flugbetrieb der Charakter des Ortsbereichs unter dem Aspekt der Lärmbelastung von einem "ländlichen" in ein "städtisches" Wohngebiet ändert (Anstieg der Gesamtschallimmission von 51 dB auf 57 dB), so der OGH, liegt eine wesentliche Beeinträchtigung iSd § 364 Abs 2 ABGB vor. Eine behördlich genehmigte Anlage iSd § 364a ABGB liegt bekanntermaßen nur dann vor, wenn der von den Emissionen betroffene Nachbar im Genehmigungsverfahren Parteistellung hatte. Ansonsten bleibt ihm der unter den Voraussetzungen der Ortsunüblichkeit und Wesentlichkeit der Emission bestehende Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB erhalten. Allerdings kann eine ohne Parteistellung des Nachbarn erteilte verwaltungsbehördliche Genehmigung insoweit ein Indiz für die Ortsüblichkeit der Emissionen darstellen, als gerade dann vom Nachbarn in Hinblick auf das bereits angelegte Entwicklungspotential der Gegend eine gewisse Bedachtnahme auf allgemeine Interessen erwartet werden kann, wenn andererseits der Anlagenbetreiber alle zumutbaren Maßnahmen setzt, um die Belastungen möglichst gering zu halten. Die Änderung des Charakters des Ortsbereichs und die daraus resultierende Änderung der Lärmbelästigung hält sich jedoch als in einem Schigebiet erwartbare Entwicklung im Rahmen der Ortsüblichkeit, sofern

  1. die Grenzen der Bewilligung und deren Auflagen nicht überschritten werden,

  2. damit keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Anrainer entstehen,

  3. nur Rettungsflüge im tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen erforderlichen Ausmaß durchgeführt werden und

  4. der Betreiber alle Maßnahmen trifft, um die Lärmbelastung für die Anrainer möglichst gering zu halten.

Die Legalservitut der Freiheit des Luftraums nach § 2 LFG schließt nachbarrechtliche Unterlassungsansprüche wegen Lärmimmissionen bei Starts und Landungen auf einem Zivilflugplatz nicht aus, weil davon nur jene Belastungen gedeckt werden, die beim Überflug im Rahmen der im LFG geregelten allgemeinen Nutzung des Luftraums entstehen.

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