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Verordnungs- oder Gesetzesbeschwerde in Zivil- und Strafverfahren

Der NR hat am 13. 6. 2013 wie erwartet ein Bundesverfassungsgesetz beschlossen, das tiefgreifende Änderung des B-VG bewirkt (Beschluss des Nationalrats 766/BNR 24. GP)\ \ Der Beschluss implementiert die intensiv diskutierte Verordnungs- oder Gesetzesbeschwerde Die nunmehr beschlossene Fassung sieht vor, dass eine Partei eines Zivil- oder Strafverfahrens aus Anlass des Rechtsmittels gegen eine erstinstanzliche Entscheidung einen Prüfungsantrag beim VfGH stellen kann, wenn sie der Ansicht ist, durch die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung oder eines verfassungswidrigen Gesetzes seitens des Gerichts in ihren Rechten verletzt zu sein (Art 139 Abs 1 Z 4 und Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG). Der VfGH kann die Behandlung des Antrags vor Verhandlung mit Beschluss ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art 139 Abs 1b und Art 140 Abs 1b B-VG). Hebt der VfGH die angefochtene Regelung auf bzw erklärt sie für gesetzes- oder verfassungswidrig, muss eine neuerliche Entscheidung der Rechtssache, die Anlass für den Antrag war, ermöglicht werden (Art 139 Abs 7 und Art 140 Abs 8 B-VG). Durch Bundesgesetz können Verfahren von der Beschwerdemöglichkeit ausgenommen werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrenszwecks erforderlich ist (Art 139 Abs 1a und Art 140 Abs 1a B-VG).\ \ Eine weitere Neuerung besteht darin, dass neben dem OGH und den zweitinstanzlichen Gerichten nun auch erstinstanzliche Gerichte die Möglichkeit erhalten, einen Gesetzesprüfungsantrag zu stellen (Art 89 Abs 2 und 3 B-VG). Die angeführten Regelungen treten am 1. 1. 2015 in Kraft (Art 151 Abs 54 Z 5 B-VG).\ \ Ebenfalls einstimmig hat der NR eine Entschließung verabschiedet, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, einfachgesetzliche Begleitmaßnahmen und Detailregelungen zur Verordnungs- oder Gesetzesbeschwerde auszuarbeiten und rechtzeitig vor dem genannten Zeitpunkt zur Diskussion und Beschlussfassung vorzulegen (310/E 24. GP). Leitlinien der Entschließung sind:\ \ – Der VfGH soll innerhalb einer Frist von vier Monaten über die Ablehnung einer Verordnungs- oder Gesetzesbeschwerde entscheiden.\ – Um mutwillige Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, darf ein Normprüfungsantrag – zumindest in der genannten viermonatigen Frist – nicht automatisch zur Unterbrechung des Anlassverfahrens führen.\ – Von der Verordnungs- oder Gesetzesbeschwerde auszunehmen sind jedenfalls Exekutions- und Insolvenzsachen.\ – In Grund- und Firmenbuchsachen ist aus Vertrauensschutzgründen sicherzustellen, dass es nicht zur nachträglichen Rückgängigmachung oder Abänderung von Eintragungen aufgrund eines verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses kommen kann.

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