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Vom Ende des Endes der Maßgeblichkeit der Öffnungszeiten des BVwG auf das Fristende

Bei der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs (webERV) hinkte die öffentlichen Gerichte den ordentlichen (zivilrechtlichen) Gerichten hinterher. Für die öffentlich-rechtlich tätigen Anwälte hatte das insofern Positives, als man auf gewohnte Masken zurück greifen konnte, und sich ersparte, Revision und andere Schriftsätze an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts eingeschrieben postalisch aufzugeben. Nahe liegender Weise wurde dabei auch auf die Erfahrungen aus dem zivilrechtlichen Bereich und die Rechtsprechung des OGH zurückgegriffen, wonach das Einlangen am Tag des Fristendes (also 23:59) bei Gericht maßgeblich ist.

Die heile Welt währte nicht lange. In seinem Beschluss vom 17.11.2015, VwSlg. 19.247 A/2015, führte der VwGH aus: "Eine am letzten Tag der Revisionsfrist im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs beim Bundesverwaltungsgericht nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG 2014 festgesetzten Amtsstunden eingebrachte Revision ist verspätet." Insofern war die Deadline seit damals: 15.00 Uhr.

Mit der "Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes, des Gebührenanspruchsgesetzes, des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes und des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes", BGBl 2019/44, wurde diese Rsp legistisch beseitigt.

Nach § 19 Abs. 1 (neu) BVwGG wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) In der Geschäftsordnung kann insbesondere festgelegt werden, wann (Amtsstunden) und wo (Dienststelle am Sitz, Außenstelle) Schriftsätze beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht werden können. Schriftsätze, die im elektronischen Verkehr übermittelt oder im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht worden sind, gelten mit dem Tag ihrer Einbringung als eingebracht, und zwar auch dann, wenn sie nach dem Ende der Amtsstunden eingebracht wurden; allfällige Pflichten des Bundesverwaltungsgerichtes zur Vornahme bestimmter Handlungen werden diesfalls jedoch frühestens mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden ausgelöst.“

Die Materialien führen dazu aus:

"Im Hinblick auf den elektronischen Verkehr zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und den Beteiligten beschränkende organisations- bzw. geschäftsordnungsrechtliche Regelungen (vgl. § 20 Abs. 2 und 6 der gemäß § 19 BVwGG erlassenen Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichtes – GOBVwG vom 4. August 2014) ist es derzeit zur Fristenwahrung erforderlich, Schriftsätze, die dem Bundesverwaltungsgericht im elektronischen Verkehr übermittelt oder im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht werden, so rechtzeitig einzubringen, dass sie am letzten Tag der Frist noch vor dem Ende der Amtsstunden beim Bundesverwaltungsgericht einlangen (vgl. VwSlg. 19.247 A/2015; VfSlg. 19.849/2014). Demgegenüber gilt für durch einen Zustelldienst erfolgende Übermittlungen das „Postlaufprivileg“: Die Tage von der Übergabe an den Zustelldienst bis zum Einlangen bei der Behörde sind in die Frist nicht einzurechnen (§ 33 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991). …

Nach der vorgeschlagenen Regelung soll es zur Wahrung von (verfahrensrechtlichen) Fristen künftig ausreichend sein, wenn der Schriftsatz am letzten Tag der Frist an das Bundesverwaltungsgericht elektronisch versendet oder im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht wird (im Sinne des § 1 Abs 1 BVwG-EVV). Ob dies während der Amtsstunden des Bundesverwaltungsgerichtes oder nach ihrem Ende geschieht und wann der Schriftsatz beim Bundesverwaltungsgericht einlangt, soll künftig für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit rechtlich ohne Bedeutung sein, vorausgesetzt, der Schriftsatz langt überhaupt dort ein und geht nicht auf dem Übermittlungsweg „verloren“; die Gefahr des „Verlustes“ des Schriftsatzes auf dem Übermittlungsweg soll also nach wie vor der Einschreiter zu tragen haben." (RV 561 BlgNr 26. GP 4f).

ACHTUNG: Nach § 27 Abs 7 BVwGG neu tritt die Regelung erst mit 1.7.2019 in Kraft.

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