VwGH 30.05.2017, Ra 2015/07/0098 Relevante Norm: WRG; Zur Bindung des Wasserbenutzungsrechts an einen bestimmten Zweck: Gem § 21 Abs 4 WRG bedarf die Änderung des Zwecks der Wasserbenutzungeiner behördlichen Bewilligung.
Die Zweckbindungmuss nicht zwingend im Spruch des Bewilligungsbescheids festgehalten werden. Diese liegt jedoch vor, wenn erkennbar ist, dass die Bewilligung erteilt wird, um einen konkreten vom Konsenswerber angestrebten Zweck der Wasserbenutzung zu erfüllen. Die Bindung eines Wasserbenutzungsrechts an einen bestimmten Zweck kann sich daher nicht nur aus einer ausdrücklichen Festsetzung im Bescheidspruch, sondern auch aus anderen Teilen des Bewilligungsbescheids bzw dem zugrunde liegenden Projekt ergeben.
VwGH 30.05.2017, Ra 2016/07/0099 Relevante Normen: AVG; WRG; Zur Befangenheit des WWPO: da das wasserwirtschaftliche Planungsorgan ggst Partei des Verfahrens nach § 21a WRG war, war es nicht zulässig, dass es im selben Verfahren gleichzeitig auch als ASV auftritt (Vorliegen eines absoluten Befangenheitsgrundsgem § 7 Abs 1 Z 1 AVG). Selbst wenn man die Ansicht verträte, diese Person sei im Verfahren erster Instanz als wasserwirtschaftliches Planungsorgan aufgetreten, diese Funktion könne im Verfahren vor dem VwG von einem anderen Referenten wahrgenommen werden und diese Person könne daher im Verfahren vor dem VwG in einer anderen Rolle, nämlich als ASV auftreten, läge laut VwGH Befangenheit vor: Vorliegen eines sonstigen wichtigen Grunds, der geeignet wäre, die volle Unbefangenheit des ASV in Zweifel zu ziehen.
VwGH 30.05.2017, Ra 2015/07/0106 Relevante Norm: WRG; Zu den unterschiedlichen Themen/Aufgaben von Widerstreit- und Bewilligungsverfahren: die Frage des Widerstreits zwischen einer geplanten Wasserbenutzung und einem schon bestehenden Wasserrecht ist im Bewilligungsverfahren für die geplante Wasserbenutzung und nicht in einem Widerstreitverfahrengem §§ 17 iVm 109 WRG zu lösen. Nichts anderes gilt für den Fall, dass die dem bestehenden Recht widerstreitende geplante Wasserbenutzung zudem auch im Widerstreit zu anderen geplanten Wasserbenutzungen steht und deshalb in ein Widerstreitverfahren nach §§ 17 iVm 109 leg cit miteinbezogen wurde. In einem solchen Fall ist zunächst die Frage des Vorzugs im Widerstreitverfahren zu klären. Erst wenn das fragliche Projekt siegreich aus dem Widerstreitverfahren hervorgeht und in das Bewilligungsverfahren eintritt, hat eine Klärung des Widerstreits zwischen diesem Projekt und dem bestehenden Recht zu erfolgen.
EuGH 13.07.2017, Rs C-60/15 P (Saint-Gobain Glass Deutschland / KOM) Relevante Normen: Aarhus-Konvention; Verordnung (EG) 1049/2001; RL 2003/4/EG Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH die Aufhebung des Urteils des EuG vom 11. 12. 2014, T-476/12, EU:T:2014:1059, mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 17. Januar 2013 abgewiesen wurde, durch die der vollständige Zugang zu dem von der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Verfahrens nach Art. 15 Abs. 1 des Beschlusses 2011/278/EU der Kommission vom 27. April 2011 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Art. 10a der RL 2003/87/EG an die Kommission übermittelten Verzeichnis verweigert wurde, soweit dieses Dokument Informationen über bestimmte im deutschen Hoheitsgebiet gelegene Anlagen von Saint-Gobain enthält, die die vorläufigen Zuteilungen sowie die Aktivitäten und Kapazitätsniveaus in Bezug auf den Ausstoß von Kohlendioxyd (CO2) für die Jahre 2005 bis 2010, die Effizienz der Anlagen und die vorläufig zugeteilten jährlichen Emissionszertifikate für die Jahre 2013 bis 2020 betreffen. Die Entscheidung des EuGH lautete wie folgt:
1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 11. Dezember 2014, Saint-Gobain Glass Deutschland/Kommission (T-476/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1059), wird aufgehoben.
2. Die Entscheidung der Kommission vom 17. Januar 2013, den vollständigen Zugang zu dem von der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Verfahrens nach Art. 15 Abs. 1 des Beschlusses 2011/278/EU der Kommission vom 27. April 2011 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Art. 10a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates an die Kommission übermittelten Verzeichnis zu verweigern, soweit dieses Dokument Informationen über bestimmte im deutschen Hoheitsgebiet gelegene Anlagen der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH enthält, die die vorläufigen Zuteilungen sowie die Aktivitäten und Kapazitätsniveaus in Bezug auf den Ausstoß von Kohlendioxyd (CO2) für die Jahre 2005 bis 2010, die Effizienz der Anlagen und die vorläufig zugeteilten jährlichen Emissionszertifikate für die Jahre 2013 bis 2020 betreffen, wird für nichtig erklärt.
3. Die Europäische Kommission trägt die Kosten, die der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH im ersten Rechtszug und im vorliegenden Rechtsmittelverfahren entstanden sind.
EuGH 13.07.2017, Rs C-129/16, (Túrkevei Tejtermelö Kft) Relevante Normen: Art. 191 und 193 AEUV; Umwelthaftungs-Richtlinie 2004/35/EG
Das Szolnoki Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szolnok) hat dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Stehen Art. 191 AEUV und die Bestimmungen der Richtlinie 2004/35 einer nationalen Vorschrift entgegen, nach der die Umweltschutzbehörde – über das Verursacherprinzip hinausgehend – befugt ist, die Haftung für die Beseitigung des Umweltschadens in besonderer Form dem Inhaber des Eigentumsrechts aufzuerlegen, ohne vorher in der Sache das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verhalten der Person (Wirtschaftsorganisation) und dem Verschmutzungsvorgang prüfen zu müssen?
2. Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen und es im Hinblick auf die Luftverschmutzung nicht erforderlich ist, den Umweltschaden zu beseitigen: Kann die Verhängung einer Geldbuße zum Schutz der Luftqualität durch die Berufung auf eine Regelung des Mitgliedstaats gerechtfertigt werden, bei der es sich um eine strengere Regelung im Sinne von Art. 16 der Richtlinie 2004/35 und Art. 193 AEUV handelt, oder kann auch diese strengere Regelung nicht zur Verhängung einer Geldbuße mit reinem Sanktionscharakter gegen den nicht für die Verschmutzung verantwortlichen Eigentümer führen? Dieses Ersuchen erging im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Túrkevei Tejtermelö Kft. und der nationalen Aufsichtsbehörde für Umwelt- und Naturschutz wegen einer gegen erstere verhängten Geldbuße aufgrund einer illegalen Abfallverbrennung, die auf einem ihr gehörenden Grundstück stattgefunden und zu einer Luftverschmutzung geführt hat.
Diese beantwortete der Gerichtshof wie folgt:
1. Die Bestimmungen der RL 2004/35/EG […] sind im Licht der Art. 191 und 193 AEUV dahin auszulegen, dass sie, sofern der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/35 fällt – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist –, einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die neben den Betreibern von Grundstücken, auf denen eine rechtswidrige Verschmutzung entstanden ist, eine weitere Kategorie von Personen bestimmt, die für einen solchen Umweltschaden gesamtschuldnerisch haftet, nämlich die Eigentümer der Grundstücke, ohne dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Eigentümer und dem festgestellten Schaden nachgewiesen werden müsste, sofern diese Regelung den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts sowie jeder einschlägigen Bestimmung des EU-Vertrags, des AEU-Vertrags und der Rechtsakte des abgeleiteten Unionsrechts entspricht.
2. Art. 16 der RL 2004/35 und Art. 193 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie, sofern der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/35 fällt, einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, nach der die Eigentümer von Grundstücken, auf denen eine rechtswidrige Verschmutzung entstanden ist, nicht nur zusammen mit den Betreibern dieser Grundstücke gesamtschuldnerisch für einen solchen Umweltschaden haften, sondern die zuständige nationale Verwaltungsbehörde gegen sie auch eine Geldbuße verhängen kann, sofern eine solche Regelung geeignet ist, zur Verwirklichung des Ziels eines verstärkten Schutzes beizutragen, und sofern die Methoden für die Bestimmung der Höhe der Geldbuße nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.