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Anlassgesetzgebung auf neuem Level angelangt – Novelle zum Wr. AWG

Wer gedacht hat, dass die letzte UVP-Novelle (Florian Stangl berichtete hier) und ihre absurd kurze Begutachtungsfrist der Gipfel in der jüngeren Anlassgesetzgebung war wird erneut eines besseren belehrt. Aber der Reihe nach: Die ohnehin schon unions- und verfassungsrechtlich bedenkliche Andienungspflicht des landesrechtlichen Abfallwirtschaftsrechts ist für Gewerbebetriebe in Wien einer Ausnahmebewilligung nach § 18 Abs 1a Wr AWG zugänglich. Diese Bestimmung stellt auf die "Liegenschaft" als solche ab. Die Behörde hat nun einen Antrag eines betroffenen Betriebes auf Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr jedoch mit der Begründung abgewiesen, dass sich dieser auf ein oder mehrere Grundstücke und nicht auf die ganze "Liegenschaft", nämlich nicht den gesamten Grundbuchskörper, beziehe. Der schlussendlich angerufene VwGH hat meiner Meinung nach völlig richtig erkannt, dass bei der Anwendung des Wr AWG gänzlich offen bleibt, was unter "Liegenschaft" iSd Gesetzes zu verstehen ist. Das Wr AWG enthält nämlich keine Definition, was unter dem Begriff Liegenschaft im Sinne dieses Gesetzes zu verstehen ist. Ferner wird im Wr AWG 1994 der Begriff Grundstück nicht verwendet. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff "Liegenschaft" sowohl mit dem Begriff "Grundbuchskörper" als auch mit dem Begriff "Grundstück" gleichgesetzt. Das Wr AWG enthält dabei jedoch keine Definition des Begriffs "Liegenschaft" und auch keine sonstigen Anhaltspunkte, wie der Gesetzgeber diesen Begriff verstanden wissen wollte. Auch aus der übrigen Rechtsordnung lässt sich die Frage, ob mit einer Liegenschaft ein Grundstück oder ein Grundbuchskörper iSd in einer EZ einliegenden Grundstücke gemeint ist, nicht eindeutig beantwortet. Die Gleichsetzung von Liegenschaft und Einlagezahl kann wegen der Möglichkeit, dass in einer Einlagezahl räumlich getrennte Grundstücke inkorporiert sind, zu völlig unsachlichen Ergebnissen führen. Genau das trifft auch auf das Wr AWG 1994 zu, sodass der VwGH zu dem Ergebnis kommt, dass unter Liegenschaft grundsätzlich das Grundstück gemeint ist (VwGH 26.01.2012, 2008/07/0018). Eindeutige Worte – sollte man meinen. Anders sieht das offensichtlich der Wiener Gesetzgeber, der seine Felle davon schwimmen sieht und verabschiedete auf Basis eines Initiativantrags vom 24.05.2012 eine Novelle zum Wr AWG, wonach eine neue Legaldefinition eingefügt wird: "Liegenschaft im Sinne dieses Gesetzes ist der Grundbuchskörper im Sinne des Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetztes". Weiterer Worte bedarf eine solche Vorgehensweise wohl kaum noch – außer eines Hinweises auf die Begründung, die jedem Jus-Studenten die Schamesröte ins Gesicht treiben würde: "Um sicherzustellen, dass dem Wr AWG ein einheitliches Verständnis des Begriffes 'Liegenschaft' zu Grunde liegt bzw um Unklarheiten im Zusammenhang mit der Anwendung sämtlicher Bestimmungen im Wr AWG, in welchen der Begriff 'Liegenschaft' Verwendung findet hintanzuhalten, ist es im Sinne der Wiederherstellung der Rechtssicherheit erforderlich, für eine rasche Klarstellung zu sorgen." Und nicht zu vergessen: Die Bestimmung ist sicherheitshalber rückwirkend mit 01.05.2012 in Kraft getreten, wohl der Sicherheit wegen. Angesichts solcher Vorgehensweisen darf man sich dann aber auch nicht wundern, dass ab und an hinterfragt wird, ob nicht legislatives Unrecht auch in einer geeigneten Form sanktioniert werden sollte …

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