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Etappensieg für niederländische Klimaklage

Wird über Klimaklagen gesprochen, bleibt ein Fall nie unerwähnt: die Klage der NGO Urgenda gegen den niederländischen Staat; gilt sie doch bislang als einzige erfolgreiche Klage dieser Art. Nun können die KlägerInnen einen weiteren Etappensieg verbuchen. So haben der Generalanwalt und der Generalprokurator dem niederländischen Höchstgericht in einer gemeinsamen Stellungnahme empfohlen, das Urteil des Berufungsgerichts zu bestätigen.

Hintergrund

Bereits im Jahr 2013 brachte Urgenda Klage gegen die Niederlande ein und forderte eine Anhebung der staatlichen Emissionsreduktionsziele. Das Bezirksgericht Den Haag gab der Klage im Juni 2015 statt und verpflichtete den niederländischen Staat zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 25 % statt der vorgesehenen 17 % gegenüber dem Vergleichsjahr 1990. Urgendas Klagslegitimation stützte sich dabei auf einen Rechtsbehelf, den das niederländische Rechtsschutzsystem zur Durchsetzung von Gemeinwohlbelangen durch Stiftungen, Vereinigungen und natürliche Personen vorsieht (Art 3:305a Niederländisches Zivilgesetzbuch).

Urgenda macht in der Klage geltend, dass der niederländische Staat durch zu niedrige Emissionsreduktionsziele gegen seine staatliche Sorgfaltspflicht gegenüber der Bevölkerung verstößt und Urgenda in Art 2 und 8 EMRK verletzt. Die niedrigen Ziele seien auch deshalb rechtswidrig, weil sie gegen eine Umweltschutzklausel in der niederländischen Verfassung, völkerrechtliche Verpflichtungen sowie Umweltschutzbestimmungen im AEUV verstießen. Das Gericht bejahte eine Verletzung der staatlichen Sorgfaltspflicht durch den niederländischen Staat. Es führte aus, dass sich Urgenda nicht direkt auf das einschlägige Völker- und Unionsrecht, darunter die EMRK-Rechte, sowie die Umweltschutzklausel in der Niederländischen Verfassung stützen könne. Allerdings zog es diese Bestimmungen und Prinzipien dann heran, um die bestehende Sorgfaltspflicht des Staates zu konkretisieren, und kam zu dem Schluss, dass der niederländische Staat diese verletzt habe, weil die Emissionsreduktionsziele zu niedrig angesetzt worden seien; dies obwohl die niedrigeren Ziele den Vorgaben der EU entsprechen. Außerdem betonte es, dass die Niederlande zwar ein kleines Land seien, als Industriestaat mit sehr hohen Pro-Kopf-Emissionen aber eine ganz besondere Verantwortung für den Klimaschutz hätte.

Im Herbst 2018 bestätigte die zweite Instanz das Urteil und ging sogar darüber hinaus, indem es auch eine Verletzung von Art 2 und 8 EMRK erkannte. In weiterer Folge wandte sich die Regierung an das niederländische Höchstgericht und legte dort ein Rechtsmittel ein. Wie letzte Woche bekannt wurde, bestätigen zwei Mitglieder der Generalprokurator nun die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der niederländische Staat durch die EMRK zum Schutz des Privat- und Familienlebens sowie des Lebens seiner BürgerInnen verpflichtet sei und daher höhere Emissionsreduktionen anstreben müsse. Sie raten dem Höchstgericht daher, das Urteil des Berufungsgerichts zu bestätigen. Zwar handelt es sich dabei um eine unverbindliche Empfehlung, doch wird sie von Urgenda jedenfalls schon als Erfolg gewertet. Eine Entscheidung des Höchstgerichts wird für Ende Dezember erwartet.

Österreich

Auch hierzulande ist bald mit der ersten Klimaklage zu rechnen. So hat Greenpeace im August angekündigt, sich gemeinsam mit mehreren Privatpersonen mittels Individualantrag gegen konkrete klimaschädliche Gesetzesbestimmungen an den VfGH richten zu wollen.

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