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EuGH: Naturschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu Natura 2000-Gebieten


Im Urteil vom 8.11.2016, C-243/15, Lesoochranárske zoskupenie VLK gegen Obvodný úrad Tren?ín, hatte der EuGH die Frage zu klären, ob Umweltorganisationen das Recht haben müssen, Naturverträglichkeitsprüfungen nach Art 6 Abs 3 FFH-RL bekämpfen zu können. Nachdem dies schon im Schlussantrag von GA Kokott vom 30. Juni 2016 bejaht wurde, ist das nunmehr ergangene Urteil mE wenig überraschend. Der EuGH führte dazu aus:

Bei Entscheidungen, die von den zuständigen nationalen Behörden im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL erlassen werden, gleichviel, ob sie sich auf einen Antrag auf Beteiligung an dem Genehmigungsverfahren, auf die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Prüfung der Umweltverträglichkeit eines Plans oder Projekts in einem Schutzgebiet oder auf die Richtigkeit der aus einer solchen Prüfung gezogenen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Risiken des Projekts oder Plans für ein solches Gebiet beziehen und ob sie selbständig oder in eine Genehmigungsentscheidung integriert sind, handelt es sich aber um Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Århus fallen (Rn 56).

Wie nämlich die Generalanwältin in den Schlussanträgen im Wesentlichen ausgeführt hat, werden die in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL fallenden Entscheidungen der zuständigen nationalen Behörden, die sich nicht auf eine in Anhang I des Übereinkommens von Århus genannte Tätigkeit beziehen, von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b dieses Übereinkommens erfasst und fallen somit in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens, da diese Entscheidungen implizieren, dass die zuständigen nationalen Behörden vor der Genehmigung einer Tätigkeit prüfen, ob diese unter den Umständen des Einzelfalls erhebliche Umweltauswirkungen haben können (Rn 57).

Aus Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Århus ergibt sich aber, dass diese Bestimmung den Wertungsspielraum begrenzt, über den die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Modalitäten der dort vorgesehenen Klagen verfügen, da sie das Ziel hat, der betroffenen Öffentlichkeit, zu der auch die Umweltschutzorganisationen gehören, die die Voraussetzungen nach Art. 2 Nr. 5 des Übereinkommens erfüllen, einen „weiten Zugang zu Gerichten“ zu gewähren (Rn 58).

Was folgt für Österreich daraus? Zum einen, dass naturschutzrechtliche Genehmigungsverfahren nach Art 6 FF-RL jedenfalls unter Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention fallen und daher eine Rechtsmittelbefugnis der betroffenen Öffentlichkeit (insbesondere von Umweltorganisationen) bestehen muss. Darüber hinaus fallen solche Bewilligungsverfahren auch unter Art 6 Aarhus-Konvention betreffend die Öffentlichkeitsbeteiligung. Eine volle Parteistellung iSd § 8 AVG der Umweltorganisationen ist dafür zwar nicht zwingend erforderlich, wäre mE aber zweckmäßig.

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