Während einige Tatbestände des Anhang 1 des UVP-G 2000 verhältnismäßig wenige Auslegungs- und Abgrenzungsfragen aufwerfen, kommt es im Zusammenhang mit Sportstadien regelmäßig zu Abgrenzungsproblemen. Grund genug, einen Abgrenzungsversuch zu wagen:\\Nach Anhang 1 Z 17 UVP-G 2000 sind neben Freizeit- und Vergnügungspark auch Sportstadien UVP-pflichtig, wenn der insgesamt mit dem Vorhaben im Zusammenhang stehende Flächenverbrauch einen Schwellenwert (5 bzw 10 ha) überschrittet. Was ist nun aber ein Sportstadion (die wohlgemerkt in der UVP-RL nicht enthalten sind)?\\Analysiert man das UVP-G 2000 stellt man fest, dass der in dessen Anhang 1 Z 17 verwendete Begriff der „Sportstadien“ vom Gesetzgeber selbst nicht näher erläutert wird. Weder im UVP-G 2000 noch in den erläuterten Bemerkungen zur UVP-G Novelle 2004 (EB 648 dBNR 22. GP, Seite 17) finden sich Anhaltspunkte, was unter dem Begriff der „Sportstadien“ zu verstehen wäre (ironischerweise hat sie der Gesetzgeber mit der Begründung in das Gesetz aufgenommen, Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden). Folglich ist entsprechend den in der Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen der Gesetzesinterpretation zunächst eine Wortinterpretation vorzunehmen. In diesem Zusammenhang kommt neben der Befragung Sachkundiger (also Sachverständiger) auch die Heranziehung von Wörterbüchern in Frage (B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rz 558). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ziehen regelmäßig entsprechende Wörterbücher oder ähnliches enzyklopädisches Wissen heran, um legal nicht definierte Begriffe handhabbar zu machen. Herangezogen wurden dabei bereits die unterschiedlichsten Werke wie beispielsweise der Duden (VfSlg 11.881), Meyers Enzyklopädisches Lexikon (VfSlg 8.141; VwGH 91/17/0065) oder Brockhaus (VfSlg 14.269; VwGH 89/12/0128). In neuer Zeit wird regelmäßig auch die Online-Enzyklopädie Wikipedia herangezogen (zB VwGH 2008/05/0140; 2007/09/0368). Gestützt auf diese Grundregeln der Wortinterpretation lassen sich für den Stadionbegriff folgende Definitionen eruieren:\
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Nach dem Duden ist ein Stadion eine „mit Rängen, Tribünen für die Zuschauer versehene, große Anlage für sportliche Wettkämpfe und Übungen, besonders in der Gestalt eines großen, oft ovalen Sportfeldes“;
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Gemäß der Online-Enzyklopädie Wikipedia ist ein Stadion ein „Austragungsort von sportlichen Wettkämpfen in Form eines Spielfeldes. Umgeben wird dieses von einer nach oben meist offenen baulichen Struktur, die es einem Publikum ermöglicht, von Steh- oder Sitzplätzen aus das Geschehen zu beobachten.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Stadion; ähnlich auch die englische Fassung: „A modern stadium is a place or venue for (mostly) outdoor sports, concerts, or other events and consists of a field or stage either partly or completely surrounded by a structure designed to allow spectators to stand or sit and view the event”, http:// http://en.wikipedia.org/wiki/Stadium);
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Ergänzend dazu verrät auch ein Blick in das Österreichische Wörterbuch, dass unter einem Stadion eine „große Sportanlage mit mehreren Tribünen“ zu verstehen ist.
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\Ausgehend von diesen Definitionen ist festzuhalten, dass nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein Stadion über Ränge und Tribünen (Mehrzahl) für einen größeren Zuschauerkreis verfügt. Dies ergibt sich alleine aus der oben bereits zitierten Umschreibung des Stadions im Duden, die auf eine Mehrzahl von Tribünen oder Rängen abstellt. Ausdrücklich geht dies auch aus dem Österreichischen Wörterbuch hervor, wo zum Begriff des Stadions explizit festgehalten wird, dass man darunter eine „große Sportanlage mit mehreren Tribünen“ versteht. Wesentliches Element ist dabei insbesondere die Größe der Anlage: Dem allgemeinen Sprachgebrauch liegt nämlich hinsichtlich Dimensionierung und damit gleichzeitig hinsichtlich der Anzahl der Zuschauer das oben beschriebene gänzlich andere Grundverständnis zugrunde (so offensichtlich auch Altenburger/Berger, die zum UVP-Tatbestand des Sportstadions festhalten, dass „ein Trainingsplatz, selbst wenn er, wie durchaus üblich, Zuschauerplätze im geringen Ausmaß aufweist, […] kein Sportstadion“ ist; UVP-G², S 290).\\Das Abstellen auf eine größere, zumindest vierstellige Besucherzahl dürfte mE auch dem Willen des Gesetzgebers annähernd entsprechen. Hintergrund der mit der UVP-Novelle 2004 erfolgten Aufnahme von Golfplätzen und Sportstadien in Anhang 1 Z 17 UVP-G 2000 können nämlich nur die umweltrelevanten Auswirkungen des Flächenverbrauches einerseits wie auch des durch ein Sportstadion hervorgerufenen Verkehrs andererseits gewesen sein, was sich insbesondere in den zwei alternativen Schwellenwerten widerspiegelt (im Endeffekt wohl auch Berger/Bergthaler in Berger/Potacs (Hrsg.) Recht sportlich, Seite 99). Ein Schwellenwert von 750 PKW-Abstellplätzen (um den geringeren der beiden heranzuziehen) würde bei einer bei Sportveranstaltungen absolut untypischen Einzelbelegung der KFZs und bei Außerachtlassung anderer „Anreisemöglichkeiten“ eine Besucheranzahl von 750 ergeben. Berücksichtigt man die – bei der Anreise zu Sportveranstaltungen viel realistischere – Mehrfachbelegung von KFZs und lässt man die Anreise mittels öffentlicher Verkehrsmittel außer betracht, würde man jedenfalls eine vierstellige und damit mehr als doppelt so hohe Anzahl an Besuchern erreichen. Dass dies beispielsweise auch der Österreichischen Bundesliga entsprechen dürfte geht beispielsweise auch aus dem Stadienanforderungskatalog derselbigen hervor, der unter anderem davon spricht, dass für Ligaspiele in der höchsten Spielklasse zumindest 3.000 gedeckt, für die zweite Spielklasse noch immer zumindest 1.000 solche Sitzplätze zur Verfügung stehen müssen.\\Ein weiterer Aspekt ist schlussendlich noch die Umschlossenheit mit Tribünen. Gestützt auf das oben bereits erarbeitete Element der Größe/Dimensionierung (sowohl der baulichen Anlage insgesamt wie auch der Anzahl der zu erwartenden Zuschauer und der Mehrzahl der Tribünen) ist für die Beurteilung des Vorliegens eines „Sportstadions“ zumindest von einer teilweisen Umschließung, also Tribünen an gegenüberliegenden Seiten, L-förmig oder U-förmig, auszugehen (so auch Berger/Bergthaler in Berger/Potacs (Hrsg.) RECHT SPORTlich, Seite 99f). Keine ausschlaggebende Rolle kann und darf hingegen der Zweck des Stadions spielen. Ob in einem Stadion – um beim gemeinhin fassbarsten Bereich des Fußballs zu bleiben – Landesligaspiele, Unterligaspiele oder Spiele der Bundesliga ausgetragen werden, ist mangels entsprechender Erwähnung in Anhang 1 Z 17 UVP-G 2000 für die Beurteilung der UVP-Pflicht genauso irrelevant, wie die Motivation, aus der Zuschauer heraus einem solchen sportlichen Wettkampf beiwohnen, da sich dadurch ja nichts an den „Bestandteilen“ eines Sportstadions, nämlich dem „Spielfeld, große Anlage“ oder den „sportlichen Wettkämpfen“ ändert und diese für die Bejahung des Vorliegens eines Sportstadions im UVP-rechtlichen Sinn jedoch jedenfalls kumulativ vorliegen müssen.\\Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass von einem Sportstadion im Sinne des Anhangs 1 Z 17 UVP-G 2000 nur bei Vorliegen einer zumindest teilweisen Umschließung mit mehreren Tribünen wie auch einer Auslegung für eine große, jedenfalls deutlich vierstellige Zuschaueranzahl gesprochen werden kann.