Für den Klimaschutz in Österreich stellt das Verfahren um die Erweiterung des Flughafens Wien-Schwechat zweifellos einen Meilenstein dar – wenngleich auch keinen ruhmreichen. Spätestens seitdem das BVwG den Bau der „Dritten Piste“ ua wegen öffentlichen Interesses am Schutz vor den negativen Folgen des Klimawandels untersagte (BVwG 2.2.2017, W109 2000179-1/291E), ist der Klimaschutz auch und gerade im Bewusstsein der JuristInnen des Öffentlichen Rechts angekommen. Befürchtungen wurden laut, dass der Klimaschutz ab sofort einem Damoklesschwert gleich über jedem größeren (Infrastruktur-)Projekt schwebt und sich gar als neues „Knock-out“-Kriterium im Genehmigungsverfahren etabliert. Das Aufatmen über die rekordartig schnelle Aufhebung des Urteils durch den VfGH aufgrund „groben Verkennens der Rechtslage“ (VfGH 29.6.2017, E 875/2017, E 886/2017) war umso größer, sodass jede kritische Auseinandersetzung mit diesem – uE nicht unzweifelhaften – Erk zur Hintergrundmusik verstummte.
Im Lichte des Erk findet sich der Klimaschutz nunmehr im gedanklichen Abseits wieder. Denn – so schlussfolgern jedenfalls die Vertreter der Konsenswerber – der Schutz des Klimas kann lediglich nach Maßgabe der innerhalb des entsprechenden Materiengesetzes ausdrücklich genannten öffentlichen Interessen in die Abwägung ebenjener einbezogen werden, und in weiterer Folge ein Kriterium für die finale Wertentscheidung darstellen. Der Ball wird also dem Gesetzgeber zugespielt, er solle gegebenenfalls nachschärfen.
Der Schutz vor den Folgen des anthropogenen Klimawandels ist freilich mehr als (k)ein öffentliches Interesse. Seit der Rio-Konferenz 1992 ist auf Unionsebene in rund 25 Jahren eine außerordentliche Fülle an einschlägigen Regulierungen geschaffen worden, die immer öfter als neues Rechtsgebiet identifiziert wird – mittlerweile als eine ausdifferenzierte Querschnittsmaterie im Mehrebenensystem. Zur Erreichung der Reduktionsziele von Treibhausgasen (THG) steht der EU das gesamte Spektrum der Handlungsformen gem Art 288 AEUV zur Verfügung. MaW: Mitgliedstaaten müssen der Rechtsqualität der Klimaschutzvorgaben Rechnung tragen, um sich nicht im Vertragsverletzungsverfahren wiederzufinden.
Verwendet man hierzulande nun den Verweis auf das Erk des VfGH, um dem Interesse am Klimaschutz a priori den Wind aus den Segeln zu nehmen, läuft man unweigerlich Gefahr, dessen Bedeutung zu konterkarieren. Eine Bedeutung, die aktuell in Form des jüngst veröffentlichten Klimaschutzberichts 2018 zum wiederholten Male unterstrichen wird. Ferner verliert der Begriff „Klimaschutz“ sukzessive seine Tiefe. Gerade im Sektor Verkehr, einem der Hauptverursacher der THG-Emissionen, unterläuft der (populär-)wissenschaftlichen Literatur hier mitunter eine Vermischung von Tatsachen. Dieselfahrverbote in Deutschland, wie sie etwa auch in Österreich nach den Regularien des IG-L (theoretisch) denkbar wären, stellen in erster Linie auf den Gesundheitsschutz des Menschen und nicht auf den Klimaschutz ab. Eine wirkungsorientierte Betrachtungsweise mag zu diesem Schluss verleiten, bedeutet doch kein bzw langsamer Verkehr nicht nur weniger Schadstoff-Immissionen, sondern auch weniger THG-Emissionen. Ob ein rein auf Klimaschutz abstellendes Fahrverbot rechtlichen Bestand hätte – gar durch Analogie zum Gesundheitsschutz (immerhin beeinträchtigt der Klimawandel auch die menschliche Gesundheit) – muss einer tiefergründigenen Analyse standhalten.
Es bleibt wohl ein gesellschaftspolitisches Austriacum, etwas Neuem, gar einem Strukturwandel, erstmal mit „besseren Gründen“ entgegenzutreten. Dem Klimaschutz ist damit freilich nicht geholfen, auch nicht den Klimazielen, denen sich Österreich auf internationaler Ebene verpflichtet hat. Was es braucht sind mutige und konsequente normative Maßnahmen; ein gesellschaftlicher Konsens ist erreicht. Und für das Genehmigungsverfahren im Besonderen: eine transparente, vorhersehbare und generell möglichst nachvollziehbare Gewichtung des Klimas in der Interessenabwägung; oder im Sinne des favorisierten österreichischen Lösungsweges die Bereicherung des UVP-Verfahrens um eine weitere Partei – wie wäre es mit einem Klimaanwalt?
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