Schritt für Schritt wird die Aarhus Konvention von den Bundesländern nun umgesetzt, Auslöser dafür ist vermutlich eher die europäische Rechtsprechung und weniger die völkerrechtliche Verpflichtung, die immerhin je nach Sichtweise seit 1998 (Unterschrift), 2001 (Inkrafttreten) oder 2005 (Ratifikation Ö/EU) besteht. Gegenstand der Umsetzung ist primär die „Dritte Säule“ der Konvention, der Rechtsschutz nach Art 9 Abs 2 und 3, aber auch die Beteiligung der „Zweiten Säule“ in Verfahren mit potentiell erheblichen Umweltauswirkungen nach Art 6 Abs 1 lit b.
Der Bund machte dabei den ersten Schritt mit dem Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018 (Vgl bereits Sander Beitrag vom 11.12.2018), es folgten Entwürfe aus der Steiermark, Nieder- und Oberösterreich. Im Bund adaptiert wurden dabei das Wasserrecht, Immissionsschutzgesetz-Luft und das Abfallwirtschaftsrecht, jeweils mit unterschiedlichen Lösungen zur gleichen Frage. Vielleicht war das auch mit ein Grund für den ebenfalls uneinheitlichen Ansatz der Länder. Mittlerweile gibt es aus allen Bundesländern einen Umsetzungsentwurf, doch ganz dem Spruch „Die Ersten werden die Letzten sein“ folgend, zog Wien seinen Gesetzesentwurf aus 2016 wieder zurück und auch die Steiermark, die 2018 als erste vorlegte, macht seitdem keine Anstalten zur Beschlussfassung ihres Entwurfes. Eine deutliche Überarbeitung steht wohl bei beiden Ländern im Raum.
Same same but different
Die verbleibenden Novellen, teils bereits in Kraft (NÖ, OÖ), teils noch im Begutachtungsstadium (Tir, Sbg) oder vor der Beschlussfassung (Vbg, Bgld, Ktn), sind in wesentlichen Punkten ähnlich gelagert, dennoch bestehen einige Unterschiede, die für die RechtsanwenderInnen durchaus relevant sein können. Gemeinsam ist den Entwürfen:
betroffene Öffentlichkeit sind anerkannte Umweltorganisationen gem § 19 Abs 7 UVP-G mit Anerkennung für das jeweilige Bundesland. Von einem eigenen Anerkennungsverfahren, wie ursprünglich vorgesehen, sah OÖ nach Kritik schließlich ab.
Es wird keine Parteistellung eingeräumt, vielmehr sprechen die Länder von Beteiligtenstellung und/oder beschreiben taxativ die Rechte der Umweltschutzorganisationen. Auch in Fällen der Öffentlichkeitsbeteiligung iSd Art 6 Abs 1 lit b wie bei Naturverträglichkeitsprüfungen wird keine Parteistellung eingeräumt.
Verordnungen und Unterlassungen sind nicht anfechtbar.
Wirkung nur im unionsrechtlich determinierten Umweltrecht.
Übergangsbestimmungen mit einer bestimmten Rückwirkungsfrist, die aufschiebende Wirkung für rückwirkende Beschwerden ist ausgeschlossen.
Veröffentlichung auf einer Online-Plattform.
Die Unterschiede stecken dann im Detail, wie zB welche Materien novelliert werden, die Dauer von Fristen, der Umfang der den Umweltschutzorganisationen zugestandenen Rechte, die Ausgestaltung der Präklusion und der konkrete Rückwirkungszeitraum. Besonders scheint außerdem die Novelle in Tirol, die noch stärker darauf setzt, Naturverträglichkeitsprüfungen aus dem normalen Naturschutzverfahren herauszulösen (mit Pflicht eines eigenen Antrages zur Genehmigung, eigene Verfahrensführung, u dgl). Hinsichtlich des Rechtsumfanges bestehen auch Unterschiede: während alle Umsetzungen sich entgegen der Konvention auf das unionsrechtliche Umweltrecht beschränken, legen manche Länder zusätzlich fest, dass nicht nur Verfahren erfasst sind, die unionsrechtlich determiniert sind, sondern dass auch nur Punkte vorgebracht werden dürften, die sich aus dem Unionsrecht selbst ergeben (Bgld, Ktn, Sbg, OÖ). Wie in der Praxis die Trennung von unionsrechtlich determinierten Bestimmungen von nationalen mit und ohne indirekte Wirkungen auf unionsrechtliche Schutzgüter aussehen soll, bleibt offen. Und schließlich besteht auch in einer Umsetzung die von vielen Seiten stark kritisierte Schwächung der Landesumweltanwaltschaft in Oberösterreich. Diese verliert künftig ihre Parteistellung in Verfahren, in denen Umweltschutzorganisationen Beteiligte sein können. Die wesentlichsten Unterschiede in der Übersicht:
Das letzte Wort ist nicht gesprochen
Während noch zwei Entwürfe, oder konkreter: überarbeitete Entwürfe der Umsetzung der Aarhus Konvention in den Landesgesetzen offen sind, nämlich aus Wien und der Steiermark, ist auch bereits jetzt schon klar: Das Thema Aarhus wird aktuell bleiben. Einerseits aufgrund uneinheitlicher Umsetzungen, die sich hoffentlich mit der Zeit an einander angleichen werden. Andererseits aufgrund noch immer bestehender Umsetzungsdefizite sowohl was das rein unionsrechtliche Umweltrecht betrifft, aber auch und gerade hinsichtlich völkerrechtlicher Verpflichtungen die vollständig verneint werden. Und schließlich ist die gerade erst im Juni vom VwGH entschiedene Frage der Rückwirkung von Rechtsmitteln, die das Höchstgericht mit 2009 bemessen hat, in keiner der Umsetzungen berücksichtigt (Vgl den Beitrag am Umweltrechtsblog v 1.6.2019).