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Erdöl- und Erdgas-Aufschlussbohrungen unterliegen nicht zwingend einer UVP

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Nach Anh I Z 14  UVP-RL muss die Gewinnung von Erdgas zu gewerblichen Zwecken (mit einem Fördervolumen von mehr als 500.000m³ pro Tag) jedenfalls einer UVP unterzogen werden. Bei Tiefbohrungen (Z 2 lit d Anh II der RL) müssen die Mitgliedstaaten „lediglich“ prüfen, ob eine UVP erforderlich ist.

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Im August 2011 bewilligte der BMWFW der Rohöl-Aufsuchungs AG die Herstellung einer Aufschlussbohrung bis in 4150 Meter Tiefe ohne UVP. Der Bescheid legte fest, dass im Rahmen dieser Probebohrung eine Gesamtmenge von bis zu 1.000.000m³ Erdgas gefördert werden darf. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde eingelegt. Die Bf brachten vor dem VwGH vor, dass die UVP-RL (hier noch die Fassung 85/337/EWG) für die Gewinnung von Erdöl und Erdgas zu gewerblichen Zwecken ab einer gewissen Menge, die im Anlassfall überschritten sei, zwingend eine UVP vorschreibe.

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Im Zuge dieses Verfahrens legte der VwGH dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (dazu unten im Anhang). Primär steht in Frage, ob Aufschlussbohrungen wie jene des Ausgangsverfahrens, in deren Rahmen eine Testförderung von Erdgas beabsichtigt ist, um die wirtschaftliche Abbauwürdigkeit einer Lagerstätte zu erforschen, in den Anwendungsbereich des Anh I der UVP-RL fällt und damit zwingend einer UVP zu unterziehen sind.

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Der EuGH hat kürzlich in seinem Urteil in der Rs C-531/13 entschieden, dass die betreffende Bestimmung des Anh I der RL eine Pflicht zur Vornahme einer UVP von geplanten Fördermengen an Erdöl bzw Erdgas abhängig macht, die pro Tag überschritten werden müssen. Dies deute darauf hin, dass diese Pflicht auf Projekte von gewisser Dauer abzielt, die die fortgesetzte Förderung relativ bedeutender Mengen an Kohlenwasserstoffen ermöglichen, weshalb Aufschlussbohrungen nicht von Anh I der genannten RL erfasst seien. Ferner müsse beachtet werden, dass eine Aufschlussbohrung gerade dem Zweck diene, die pro Tag förderbare Kohlenwasserstoffmenge zu bestimmen, welche dann wiederum Aufschluss darüber gibt, ob eine UVP-Pflicht gemäß Anh I der RL besteht.

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Der EuGH führt weiter aus, dass jedoch Anh II, der explizit Tiefenbohrungen umfasst, auf Aufschlussbohrungen Anwendung findet. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten anhand einer Einzelfalluntersuchung oder anhand von festgelegten Kriterien bzw Schwellenwerten bestimmen müssen, ob das konkrete Projekt einer UVP unterzogen werden muss. Bei dieser Prüfung der Erforderlichkeit einer UVP seien die nationalen Behörden angehalten, die Auswirkungen zu prüfen, die das in Frage stehende Projekt kumulativ mit anderen Projekten haben könnte, wobei in diesem Zusammenhang nicht bloß gleichartige, sondern jede Art von Projekten mitzuberücksichtigen sind.

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Der VwGH 11. 9. 2013, 2011/04/0178 (EU 2013/0003) hatte in einem Verfahren betreffend die Genehmigung einer Testförderung von Erdgas (§ 119 MinroG) im Rahmen einer Aufschlussbohrung ein Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der UVP-RL 85/337/EWG an den EuGH:

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1. Handelt es sich bei einer zeitlich und mengenmäßig begrenzten Testförderung von Erdgas, die im Rahmen einer Aufschlussbohrung zur Erforschung der Wirtschaftlichkeit einer dauerhaften Gewinnung von Erdgas durchgeführt wird, um eine „Gewinnung von … Erdgas zu gewerblichen Zwecken“ nach Anhang I Nr 14 der RL 85/337/EWG des Rates vom 27. 6. 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten idF der RL 2009/31/EG (RL 85/337/EWG)?\ Für den Fall, dass die erste Vorlagefrage bejaht wird, werden folgende weitere Fragen gestellt:\ 2. Steht Anhang I Nr 14 der RL 85/337/EWG einer Regelung des nationalen Rechts entgegen, welche bei der Gewinnung von Erdgas die in Anhang I Nr 14 der RL 85/337/EWG genannten Schwellenwerte nicht an die Gewinnung an sich, sondern an die „Förderung pro Sonde“ knüpft?\ 3. Ist die RL 85/337/EWG dahin auszulegen, dass die Behörde in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der die Genehmigung einer Testförderung von Erdgas im Rahmen einer Aufschlussbohrung beantragt wird, zur Feststellung, ob eine Verpflichtung zur Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, nur alle gleichartigen Projekte, konkret alle im Gemeindegebiet aufgeschlossenen Bohrungen, auf ihre kumulative Wirkung zu prüfen hat?\ Im Ausgangsverfahren ist noch die RL 85/337/EWG idF der RL 2009/31/EG anzuwenden. Die nunmehr geltende RL 2011/92/EU ist im Beschwerdefall nicht maßgeblich, weil diese nach Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft getreten ist. Der VwGH weist aber darauf hin, dass die entscheidenden Bestimmungen durch die neue UVP-RL nicht geändert worden seien.

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