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Klimawandel als taugliche Anspruchsgrundlage für Schadenersatz?

Und wieder einmal schauen wir zu unseren bundesdeutschen Nachbarn. Dort hat sich das OLG Hamm mit Beschluss vom 30.11.2017 (I-5 U 15/17) in einem Schadenersatzverfahren wegen nachteiliger Folgen des Klimawandels geäußert.

Die Frage, mit der sich das OLG Hamm auseinanderzusetzen hatte betraf die Zulässigkeit einer Klage gegen einen Betreiber von Kraftwerken, die – so ganz offensichtlich das Klagevorbringen – durch die Freisetzung von CO2-Emissionen einen Beitrag zum Klimawandel leisten, der sich wiederum potentiell eigentumsentwertend auf ein Grundstück des dortigen Klägers auswirken soll: Das Klagebegehren vor dem LG Essen lautete (bereinigt um einige Eventualvorbringen): “Der Kläger beantragt […] festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, anteilig zu ihrem Beeinträchtigungsbeitrag (Anteil an den globalen Treibhausgasemissionen), der durch das Gericht gemäß § 287 ZPO zu bestimmen ist, die Kosten für geeignete Schutzmaßnahmen zugunsten des Eigentums des Klägers vor einer Gletscherflut […] zu tragen.”

Da nach der Ansicht des OLG das Klagebegehren nicht auf eine Einschränkung der Tätigkeit der Beklagten oder gar auf eine Stilllegung der zur Daseinsvorsorge betriebenen Kraftwerke gerichtet ist, bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit oder der Schlüssigkeit der Klage. Vielmehr verlangt der Kläger mit seinem Hauptantrag die Feststellung der Verpflichtung zum anteiligen Ersatz von Aufwendungen für die durchgeführten Schutzmaßnahmen am gegenständlichen Grundstück (welches unterhalb einer Gletscherlagune liegt und durch die erhebliche Zunahme der Ausbreitung und des Wasservolumens einer ernsthaft drohenden Gefährdung ausgesetzt ist. Dies soll nun eine zulässige Anspruchsgrundlage sein.

Aufgetragen wurde daher dem Prozessgericht eine entsprechende sachverständige Beweisaufnahme zu dem Bestehen oder Nichtbestehen der behaupteten Anspruchsgrundlage und des behaupteten Sachverhalts. Besonders spannend ist die Passage, in welcher das OLG Hamm festhält, dass der Mitverschuldensanteil am Klimawandel (und der näher beschriebenen Verursachungskette) mess- und berechenbar ist und bis zum Entscheidungstag 0,47 % betrug. Es ist kaum auszudenken, welche juristischen Spielwiesen sich auftun würden, wenn die Verursachung der Klimawandeleffekte prozentuell tatsächlich auf die weltweiten oder auch nur regionalen Emittenten hufteilbar sein könnten …

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