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Vom Fünftagewerk – VfGH 3. Piste, die zweite (VfGH 4.10.2018, E 1818/2018)

Bereits zum zweiten Mal beschäftigte das Projekt der dritten Piste den VfGH: Am 29.6.2017 hat der Gerichtshof einer Beschwerde der Flughafen Wien AG und des Landes NÖ – gegen eine das Projekt untersagende Entscheidung des BVwG – stattgegeben (29.6.2017, E 875/2017, E 886/2017). Das BVwG bewilligte daraufhin die dritte Piste, wogegen wiederum nun die Projektgegner den VfGH anriefen.

Mit Beschluss vom 4.10.2018 zu E 1818/2018 lehnte der VfGH die Behandlung einer Beschwerde von Bürgerinitiativen („BI“) gegen die Bewilligung für den Bau einer dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat ab und trat die Beschwerde gem Art 144 Abs 3 B-VG an den VwGH zur Entscheidung ab, da keine hinreichende Aussicht auf Erfolg vorlag und von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist.

Nach den Beschwerdebehauptungen wären die gerügten Rechtsverletzungen zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifische verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen nicht erforderlich, um zu klären, ob die erkennenden Richter des BVwG – wie von den beschwerdeführenden BI in Zweifel gezogen – vor dem Hintergrund der Diskussion nach der ersten Entscheidung eine unbefangene Entscheidung aufgrund eines fairen Verfahrens treffen konnten.

Bereits zur Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung (SchIV) hat der VfGH (VfSlg 18.322/2007) ausgesprochen, dass deren Grenzwerte – im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit eines Projektes – jedenfalls einzuhaltende Mindeststandards sind; ob und inwieweit lärmschutztechnische Maßnahmen geboten sind, ist im Genehmigungsverfahren zu entscheiden (VfSlg 18.322/2007; vgl auch VfSlg 20.162/2015 zur Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung [BStLärmIV]). Auch hinsichtlich der Überschreitungen von Immissionsschwellenwerten der LuLärmIV durch Vorhaben nach dem LFG, die einer Genehmigung nach dem UVP-G 2000 bedürfen, ist im Einzelfall zu prüfen, ob besondere Schutzvorkehrungen erforderlich sind (vgl auch VwSlg 19.508 A/2016 zur SchIV).

Angesichts des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und der unterschiedlichen Umstände hegt der VfGH keine Bedenken dagegen, dass die Luftverkehr-Lärmimmissionsschutzverordnung (LuLärmIV) und § 145b LFG anders als die SchIV und BStLärmIV nur objektseitige Schutzmaßnahmen (Maßnahmen etwa an Gebäuden in betroffenen Bereichen) vorsehen (vgl VfGH 2.10.2013, B 327/2012 ua.).

Die durch Fluglärm bewirkte etwaige Einschränkung der Nutzbarkeit von Freiflächen, die damit einhergehende Wertminderung der Grundstücke sowie die Obliegenheit des Eigentümers zur Wartung und Erhaltung der Schallschutzmaßnahmen auf eigene Kosten ist „im gewichtigen öffentlichen Interesse an der Luftfahrt gelegen und auch verhältnismäßig“. Damit erachtet der VfGH aber – anders als zahlreiche Beschwerdeführer, die sich gegen Genehmigungen nach besonderen Immissionsschutzvorschriften richten – einen generellen Freiraumschutz für nicht erforderlich. Gestützt wird diese Forderung von Projektgegnern idR auf die US-Entscheidung aus 2013, "Wieselburg Umfahrung", US 4A/2010/14-182. Zum damaligen Zeitpunkt gab es aber in Niederösterreich gerade keine besondere Immissionsschutzvorschrift (mittlerweile hat das Land NÖ eine Landesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung nach dem Vorbild der BStLärmIV erlassen). Daher hatte der Umweltsenat den Freiraumschutz aus dem gewerberechtlichen Anlagenrecht begründet.

Schließlich hegt der VfGH auch keine kompetenzrechtlichen Bedenken gegen § 145b LFG: Bei „Lärmschutz“ handelt es sich um eine Querschnittsmaterie, sodass sich die Kompetenz zur Erlassung von gesetzlichen Lärmschutzmaßnahmen im vorliegenden Fall aus der Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung aus dem Tatbestand „Verkehrswesen bezüglich […] der Luftfahrt“ in Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG ergibt.

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